17.4.07


26.03.07


10 Tage Urlaub, 7 Tage in Castellón, Spanien, durch das Gebirge gewandert. Mit Zelt wild, oder einmal in einer ländlichen Unterkunft, 3-mal auf einem Campingplatz. 192 km und ca. 5000 Höhenmeter.


Wieder zurück fällt einem zuerst mal die moderate und geordnete Langweiligkeit der Landschaft auf, die Banalität der Nachrichten, der Singsang der europafreundlichen Mittelschicht.
Dort durch die verlassenen Dörfer gewandert, im Gebirge mit schwierigem Terrain, mit viel Arbeit und wenig Ertrag terrassierte Plätzchen für die Landwirtschaft. Die Leute sind heute an der Küste in einem Paradies, wie es ihren Vorfahren erschienen wäre. Das Leben drehte sich um Überleben mit kleinsten Mitteln: einige Oliven, Mandeln, ein Garten, Kleinvieh. Die Häuser teilweise ohne Mörtel nur aus Bruchsteinen zusammengebaut. Die Gegend heute nur noch eine Wochenendregion, kaum jemand, der wandert, zu Fuß geht – wenn, dann eher im sportlichen Extrem wie der Marató Mitja mit 65 km über 2400 auf, auch viel ab und auf steinigsten und extrem schwierigen Wegen. Neben der Arbeit und Not gab es noch die Romerías, Feste der Dörfer. Das Geld war nicht das Zentrum, sondern die Gebrauchswerte. Sollte man dahin zurückkehren? Sicher nicht, denn die Bergler waren die aus dem Reichtum der Täler und Küste Vertriebenen oder um ihrer Würde willen Ausgewanderten. - In den fünfzigern und sechzigern Jahren wanderten die Menschen, als die Keramikfabriken im Tal aufmachten, ab oder auch ins Ausland. Was übrig blieb, die Terrassen, die zerfallenen Häuser, bekommt meine Achtung und Bewunderung. Sehe ich die harte Arbeit und Not von damals verstehe ich dieses konsumistische und kulturlose Milieu der spanischen Gesellschaft, diese Fresskultur. Nur was man essen und trinken kann, zählt als wirklich, neben den sozialen Verbindungen, der Geselligkeit.
Hier zurück, in dieser komplizierten, diversifizierten Gesellschaft, wo die Menschen entweder als Mittäter vollkommen eingespannt in die Verwertung des Werts sind, oder bedingt durch Ohnmachtund Not als machtlose Arbeiter, habe ich das Gefühl, dass es aussichtslos ist. Es ist der Gesellschaft nicht zu vermitteln, wie sie unter dem Terror des Kapitals steht, wie gesellschaftliche Unvernunft sie beherrscht. Das Ganze ist eine grandiose Fehlentwicklung. Ein richtiges Denken, Wahrhaftigkeit, taucht nur noch am Rande auf: um den Tod, in historischen Rekursen wie dieser Wanderung - und sonst? Skeptisch, was da noch folgen soll.
Also zurück in die Firma: diese Verschleuderung von Ressourcen, diese Verarmung des menschlichen Geistes und seiner Natur.
Bei Castellón in einer ländlichen Unterkunft - 25€ für uns zwei – Gespräch mit den Besitzern: Zuerst haben sie dort eine Einklassenschule eingerichtet für die Kinder der Umgebung, dann diese ländliche Unterkunft. Einst alternative Ansprüche müssen Sie sich heute dem Publikumsgeschmack anpassen: eine Menge Konsummüll für die Gäste mit dem Auto heranschaffen. Aber alles selbst ausgebaut, Strom aus der Solaranlage, sparsamer Wasserverbrauch, einfache Einrichtung. Sie selber wohnen eine Stunde weiter oben, nur zu Fuß oder mit Maulesel erreichbar.

Ein Großteil der Arbeiterexistenz bewegt sich in der Kompensation von Frustration: Konsumprojekte, Selbstbildaufblähungen, Wutattacken. Es fehlt eine Konzeption des richtigen Lebens.

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