16.4.07

03.02.07

Materialismus und Religion
Führt man wie ich spirituelle Gedanken in die Fabrikdiskussion ein, riskiert man Ablehnung. Ich geh kurz die Geschichte des Verhältnisses von Arbeiterbewegung und Religion durch.
„Materialismus“ meint zunächst: nur die wirklichen Dinge zählen, und das sind Waren, Besitz (das „Fressen“ das vor der „Moral“ kommt). Und diese Dinge sind ungleich verteilt. Die Geschichte ist keine Geschichte der Selbsterkenntnis des Geistes, sondern eine Geschichte der Aneignung der Natur durch die Gesellschaft, also Klassen, also Klassenkämpfen. Der Mensch ist ein gieriges und deswegen kämpferisches Wesen. Alle Moral ist nur ein Mittel, um an den Fressnapf zu kommen, oder andere auszubeuten. Den Proletariern der Himmel, den Ausbeutern der Sonntagsbraten. Dieser Materialismus mündet ein in den rücksichtslosen und gedankenlosen Konsumismus der faktisch atheistischen Massen heute.
Dann der Materialismus von Marx, der sich dialektisch nennt, weil er zwischen dem gierigen Naturwesen des Menschen und seiner sozialen und physikalischen Umwelt die Erkenntnis und ihre Formung durch die Gesellschaft setzt. Der Mensch vergegenständlicht sich durch die Arbeit und entfremdet sich infolge der Klassengesellschaft, der falschen Wertform seiner Arbeit von sich und seinen gesellschaftlichen Beziehungen und damit von seinem menschlichen Wesen. Im Gegensatz zur Religion, die im Menschen nur ein unvollkommenes Wesen sieht, das durch die religiöse Wiedergeburt und Beziehung zu einem Gott nach dem Tod zu seiner wahren Bestimmung kommt, ist für Marx die Religion eine entfremdete Äußerungsform seines eigenen Wesens und er fordert einen radikalen Humanismus, durch die Aneignung der Religion und die Realisierung des göttlichen Ideals im Menschen selbst. Diese Aufhebung der Entfremdung ist eine durch Arbeit, Beseitigung der Klassengesellschaft und eine der Bewusstwerdung.
Der „Spiritualismus“ nimmt eine Art von „geistiger“ Präsenz jenseits von Raum und Zeit an, die durch die Strukturen der Materie und das menschliche Wesen hindurchdringt. Dieses „geistig“ wird verschieden interpretiert, als Teil der menschlichen Vernunft bei Hegel, als religiöse Botschaft in Religionen, oder als nichterkennbares, mystisch vielleicht erfahrbares Prinzip - wirksam aber in unseren inneren Antrieben, Gefühlen, Leiden und Leidenschaften, Bildern, auch in Kunst, Musik, Poesie. Es erschließt sich in dem Sprechen über Gefühle und Träume und braucht als Nährboden eine freundliche menschliche Umgebung.

Keine Kommentare: