16.4.07

02.02.07

Heute im Radio, DLF:

Rente mit 67
Braucht die mittlere Generation einen neuen Lebensplan?

In diesen Tagen sorgt sie bundesweit für Proteste: Die geplante Anhebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre. Dem Protestaufruf der IG-Metall sind viele gefolgt, für die die Rente mit 67 gleichbedeutend ist mit Rentenkürzung und höherer Arbeitslosigkeit. Wie stellt sich die mittlere Generation auf die verlängerte Lebensarbeitszeit ein?
Legt sie mehr Geld zur Seite für später, schont sie ihre Gesundheit, um möglichst lange arbeitsfähig zu sein, bildet sie sich ständig weiter, um auch im Alter noch auf dem Arbeitsmarkt gefragt zu sein? Wie reagieren körperlich hart arbeitende Menschen auf dem Bau oder Schichtarbeiter auf die geplante Rentenreform? Darüber diskutieren wir mit Hörern und Betroffenen, fragen Experten wie Dr. Reiner Klingholz vom Berlin-Institut für Bevölkerung und Entwicklung - und erfahren von heute-Moderatorin Petra Gerster, wie sie nicht nur in ihrem Beruf versucht, gelassen älter zu werden, um diese "Reifeprüfung" (so ihr aktueller Buchtitel) zu meistern. Studiogäste:Petra Gerster, ZDF-Moderatorin und Autorin von "Reifeprüfung. Die Frau von 50 Jahren"Dr. Reiner Klingholz, Direktor des Berlin-Instituts für Bevölkerung und EntwicklungHans Heusgen, Karrierecoach“

Mittelschichtstheater: Sogar Arbeiter sind einbezogen, ein Chef der Dachdeckerfirma wird befragt, er tut alles, dass seine Arbeiter bis 67 arbeiten können. Ein Schmu, er redet von richtiger Kleidung, richtigem Hochheben, dem ganzen Quark einer realitätsfremden Ergonomie. Dann auch noch ein Möbelpacker, ein Bauarbeiter, die sich verwehren dagegen bis 67 zu arbeiten. Die Schmieding geht darauf aber nicht wirklich ein, stattdessen führt sie ein Buket von Mittelschichtlerinnen vor, die geliftete ZDF-Gerster, die nervige Rosh, die jeden Widerspruch niederredet. Eine Welt wird vorgeführt, wo jeder nur immer schön jung und gesund bleiben soll und dann noch etwas Weiterbildung, dann kann man problemlos bis 67 arbeiten. Gefehlt hat nur noch der Hinweis auf die Notwendigkeit einer Privatversicherung. Einwände, dass genug schon arbeitslos sind, die Jungen nur darauf warten, dass die Alten ihnen endlich ihren Job überlassen, dass die Leute die Arbeit übersatt haben – diesen Einwände werden mit den schwächlichen Hinweisen begegnet, man soll sich einen motivierenderen Job suchen, es würde mit den Alten soviel Wissen und Erfahrung verloren gehen, die Alten würden sich nur vor dem Fernseher langweilen etc. Besonders hilfreich auch der Hinweis für die Alten, sie sollten sich in der Dienstleistung – wohl für die Alten der Frau Gerster und Co – beschäftigen. Jetzt wo man keine Arbeiter mehr braucht. Die Arbeitslosen sind nur arbeitslos, weil sie nicht qualifiziert sind. Bla, bla. Diese Journalistenschicht ist umgeben von einer Wand von Phrasen, sie sind nicht in Lage, durch diese Phrasen die Realität zu sehen. Sie registrieren nur, was ihnen in das verphraste Weltbild passt.
Ginge es nach dem „Karrierecoach“ in der Sendung, der als Alternativjobs am Ende nur noch von Amnesty und Transparency International nennen kann, müssten die Leute ihre Jobs aufgeben und sich überlegen, was wirklich sinnvoll und interessant ist. Das wäre vielleicht die Revolution.

In Wirklichkeit: Wie soll sich etwa meine Firma ändern, soll es da menschlicher weitergehen? Die Arbeit ist überwiegend durch Maschinen und ihre Besorgung bestimmt. Weiterbildung würde zwar eine größere Flexibilität für ein paar Jobs mehr ermöglichen, aber grundsätzlich nichts ändern. Abbau der Hierarchie? Um ehrlich zu sein, wenn meine Kollegen die Chefs wären, gute Nacht menschlicher Umgang, gute Nacht Umwelt, gute Nacht Ökonomie. In einer radikaldemokratischen autonomen Gruppe wäre ich verloren mit meinen Ansichten. „Ökonomisch“ wäre nur noch der Arbeitseinsatz. Umwelt kann man bei Kollegen, die erst mal Heizung aufdrehen, die Fenster öffnen und Auto fahren erst mal vergessen. Ihre Mitmenschlichkeit reicht nicht einmal aus, Informationen weiterzugeben, ihrem Ersatzmann mitzuteilen, wenn sie ihren Arbeitsplatz verlassen. Die Einstellung von Belegschaft zu Leitung ist durch das Gefühl des Misstrauens und der Ausbeutung geprägt.
Klar, dass sich durch „Weiterbildung“, also mehr Information vieles verbessern ließe. Das Grundproblem ist, dass wir ein Schiff auf der stürmischen See der Konkurrenz sind, durch Faktoren bestimmt sind, die wir nicht bestimmen können: Markt und Maschinen.

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