27.2.08

FRAUENJOBS

Diese Woche muss ich stundenweise bei den Frauen arbeiten, werde hin- und hergeschoben. Die meisten aus dem Osten kommend sind Kommandieren gewohnt. Spielt vielleicht auch eine Rolle meine schlechten Beziehungen zu Kollegen. Ich mit Mp3Player auf den Ohren - Kafkas Prozess und eine Adoptionsstory – gebe mich sozial nicht gerade sehr interessiert. Nach 1 ¾ Stunden ziehe ich ab, als ich mal wieder woanders hingeschickt werde, zum Glück gibt es dann für mich wieder grobe Männerarbeit. Die Frauen mögen es gerne genau und akkurat, penibel und pedantisch. Mich interessiert nur der Sinn der Sache, eine Falte mehr oder weniger schadet nicht. Da ich nur alle 4 Wochen diesen Job machen muss, kapier ich ohnehin nicht viel davon, wie es korrekt getan werden sollte. Ich habe die Vermutung, der Chef will uns Männer mit dieser Arbeit nur schikanieren, zeigen, wie er uns degradieren kann. Sind zwei Junggesellinnen darunter, schwer erträgliche Besen, Goldzähne im Mund. Ich hatte immer schon viel Respekt vor diesen Kalibern. Mit wenigen Kommandotönen sind sie in der Lage, einem jegliches Selbstbewusstsein zu nehmen, mühsam erworben durch Hetze, harte Arbeit und antrainierte Geschicklichkeit.
Heute bin ich mit einer Art Gebet zur Arbeit: Ich nehme alles an, wie es kommt und werde versuche, das Beste daraus zu machen. Früher hieß es: „Herr, Dein Wille geschehe.“ Ein Christ würde mir sagen, dass mir die Damen Bescheidenheit lehren und ich dankbar für diese Lehre sein soll. Mir gefällt da mehr Don Juans Matus Lehre von den kleinen Tyrannen. Aber im Ernst: Ich zähle die verbleibenden Tage, ducke mich, versuche die Herausforderungen anzunehmen. Zu lernen gibt es da nicht mehr viel.

Diesen Typen fehlt das Bedürfnis zu kommunizieren, zu teilen, weiterzugeben. Es geht um Macht und Machterlebnisse. Das macht sie gleichzeitig so dümmlich. Sie fühlen sich toll, es fehlt ihnen eine gewisse Bedürftigkeit, das Gefühl von Schwäche, das sie aufmerksam und neugierig macht für andere. (Ich assoziiere das mit dem
Ost-Typus, aber man kann es ja auch und vornehmlich bei deutschen Handwerkern finden.)
Was sind die Bedingungen, wie Menschen miteinander verträglich umgehen? Wie lernt man das?

21.2.08

BEREICHERUNG

Zwei Sachen verfolge ich derzeit: die Sarrazindebatte und die Zumwinkelsache. In beiden kann man beobachten, wie die individuelle Unvernunft und Bereicherung zum gesellschaftlich ausweglosen Prinzip geworden sind.
Was will man schon an Zumwinkel kritisieren: er sorgt für Profit und gute Börse, setzt das auch in seinem Privaten fort, wenn er Steuern abzweigt. Das Gleiche macht die Sozialarbeiterlinke, wenn sie zu Geldverschwendung und Bereicherung auf Kosten von Natur und Weltbevölkerung aufruft. Man sieht auch, hört man solche Leute wie Gysi und Schreiner – Leute, auf die man auf Grund von Alternativlosigkeit seine letzten Hoffnungen setzt – dass sie sich genauso blöde verhalten wie die herrschenden Großkonsumenten.
Interessant auch wie viele linke Blogs, die hier ihr Innerstes herauskehren, die übliche stupide asoziale Bürgerlichkeit zeigen. Schön, dass es getoppt wird von Bruder Broder. Hier ist die Kausalität von Intelligenzmangel und politischem Zynismus leicht erkennbar. Ich stehe allein, wie ich sehe, auf der anderen Seite, und fühle mich nicht mehr einsam.
Die Kritik an der Bereicherung ist lächerlich, ist sie doch hier allgemeines und lebensnotwendiges Prinzip. Die unten würden das genauso machen, wenn sie die Möglichkeiten hätten. Es gibt keinen Anlass zur Hoffnung auf etwas Anderes. Fordern die Gewerkschaften seit Neuestem Betriebsdemokratie, umweltgerechtes Verhalten? Gibt es endlich eine Abkehr von den Prozentforderungen?
Da gibt es eine interessante Idee einer
CO2-Kreditkarte auf der Basis von sozial gerechtfertigten Verschmutzungsrechten von 2 to CO2 je Mensch. - Man lese die Diskussion darüber: Das ist Deutschland. (Mit Ausnahme eines Gerechten).
Manchmal scheint mir das irre Verhalten von Vietnamveteranen, sich in die Wälder zurückziehen, die einzige Alternative.

15.2.08

GÖTZ ALY – DENUNZIANT

Es Ist mir nie ganz klar geworden, wie der stalinistische Terror funktioniert hat. Stalin kann doch nicht alle gekannt haben, die er in den Gulag gebracht hat. Es lässt sich nur denken, dass irgendwelche Beamte, vielleicht in der Staatsanwaltschaft, der Polizei, auf Grund von wechselnden Merkmalen des Abweichlertums, der „Volksschädlichkeit“ usw. Leute denunziert haben und dann verhaften ließen. Vielleicht gab es hinter diesen Beamten Ideengeber, die die Merkmale möglicher Opponenten identifiziert haben. - Oder es war ganz anders und die jeweils Herrschenden in irgendwelchen Komitees haben ihre Opponenten oder mögliche Rivalen als Klassenfeinde denunziert.
Also ich habe den Eindruck, wenn ich etwa die Berichte von Buber-Neumann und anderer Opfer des Stalinismus lese, dass der Weg von der Schuldkonstruktion, der Denunziation zur „Säuberung“ weitgehend unerforschter ist. Oder wenn erforscht, dann im Publikum - zu dem ich mich zähle – nicht angekommen.
Wie auch immer. Es lässt sich ja am lebenden Objekt studieren. Da ist die Arbeit von Aly über die 68er, die seiner These nach parallel zu der Machtergreifung Hitlers 33 ist.
Aly aus guter Familie stammend, bis 76 in der maoistischen Roten Hilfe. Es passt zu der selbstbewussten und arroganten Art eines Naziabkömmlings, jetzt seine maoistische Vergangenheit dadurch zu bewältigen, dass er sie anderen vorwirft.
Ein Teil läuft über die Selbstanzeige, Selbstbezichtigung, ein anderer über die Denunziation. Bei Stalin war es die Folter, heute ist es die Folter der Bedeutungslosigkeit und Irrelevanz..

Waren die 68er Maoisten und Stalinisten? Für Aly in seiner Selbstüberschätzung waren natürlich die Maoisten der Kern von 68. Mag sein, dass das in Berlin so war. Andernorts waren Maoisten nur Sekten, die durch ihre dümmliche Gewaltsamkeit, ihre faschistoide Gleichförmigkeit aufgefallen sind. In einer Basisgruppe versuchte uns ein Maoist mit Stalinbart und Bronsongesicht mit „Lohn, Preis und Profit“, auch Stalintexten auf die richtige Linie zu bringen. Wir rangen ihm die Durcharbeitung der „Deutschen Ideologie“ ab, dann Habermasens „Logik der Sozialwissenschaft“, Holzkamps Konstruktivismus. Irgendwann wurde es ihm zuviel, sein Adjutant im Indianermantel verschwand schon vorher – in der Drogenszene.
Was die Maoisten in Berlin, Rotzeg, Rotzpäd usw. produzierten, war unerträglich. Mir hat dieser Schwachsinn für ein halbes Jahr die Sprache verschlagen. Mit Marxstudium war dann ein Kontra möglich. Es hat auch ein wenig in die Realität geführt. Gegen den linken Autoritarismus haben sich viele Positionen gebildet: die Hausbesetzer, die Spontiszene, das SB, DritteWeltGruppen, Selbsterfahrungsgruppen, in Berlin dann endlich „Die soziale Revolution ist keine Parteisache“. Wäre interessant zu wissen, wo sich Aly da bewegt hat. Wie hat er sich damals sein Geld verdient?
Wir Linken waren Ausgestoßene und haben diese Erfahrung auch bei anderen reproduziert. Deswegen diese Konkurrenz der Radikalität. Wir haben das Schuldbewusstsein von unserer Eltern übernommen und es dadurch zu bewältigen versucht, dass wir uns mit ihren Gegnern identifiziert haben.
Natürlich habe ich mit meinen Eltern gestritten. Diskussionen endeten in der Regel damit, dass man sich gegenseitig zum Faschisten deklarierte. So clever war man damals also auch schon. Eines Tages bin ich zu meinem Vater gefahren und es erschien mir sinnlos, ihm eine falsche Haltung vorzuwerfen, wo die Umgebung einfach keine andere zuließ. Ich begann seine Sicht zu reflektieren, auch wenn es moralisch nicht korrekt war. – Ich hörte auf, Vorwürfe zu machen, zu unterstellen. Dann begann er von sich aus zu erzählen, dass er mit 14 oder 16 in der HJ war.

BLICK AUS DEM FENSTER



Ich schaue aus dem Fenster, wo ich arbeite. Es ist keine Arbeit mehr da. In einer halben Stunde ist Schluss. Rundherum Mauern, geschlossene Fenster, kaum ein Mensch. Dann das Denkmal für die 700 Toten, die die Maschinerie zermahlen hat. Ich brauche das nicht zu befürchten, bin auf der sicheren Seite. Man hat sie abgeholt. Sie ahnten vielleicht, wo es hingeht. Heute sind sie zum Gedenkgut geworden, ohne Gesichter, nur eine graue Maschine, keine Namen. Vielleicht will mir das Denkmal sagen, es ist es besser, dass man ganz vergessen wird. - Beton, Steine sind „in“.
Aber was ich sehe, ist eine Lüge, es ist nichtssagend.
Da ist etwas Unerledigtes für die Überlebenden, ein Strudel, der nachzieht. Jeder Sonnenuntergang mehr macht die Entfernung zu jenem Ereignis größer und damit die Möglichkeit einzugreifen, überhaupt zu begreifen. Man steht so dumm und blöde da, wie damals manche Leute - das waren noch die Besten - dagestanden sind. Hat Angst, einzugreifen, alles anzuhalten. Nur eine Wut auf die Mächtigen.
Im Feuilleton macht ein Maoist und Nazisohn Furore, der 68 mit 33 gleichsetzt. Es wird reproduziert. Das Bürgertum atmet auf. Das wusste es schon immer. Aber schön, dass es gesagt wurde.

13.2.08

KRÖNIG NACH AFGHANISTAN

Die Achse des Guten hat sich schon ziemlich weit in den Deutschlandfunk hineingefressen. Neuester Auswurf ein Plädoyer von Krönig für den deutschen Einsatz in Afghanistan. Krönig lebt in England, dort gehört das Killen zur Jugendkultur, die Welle brandet zurück aus Afghanistan ins Heimatland in Alkoholismus und Jugendverwahrlosung. Menschen, die ihre Jugend mit Töten verbracht haben, sind nicht mehr gesellschaftsfähig. Dasselbe konnte man hier bei Türken beobachten, die im Kurdenkrieg waren. In Amerika hohe Selbstmordraten, Scheidungen und wohl noch einiges mehr. Ist von Toten die Rede, nur von westlichen. In Afghanistan sind 78 Kanadier gestorben, wie viele sie getötet haben, wird uns nicht verraten. Man zählt die Afghanen nicht so genau.
Warum aber sind unsere politischen „Denker“, besser: Formelgeber, nicht „populistisch“ und fordern – 86% Zustimmung im Rücken – den Ausstieg aus Afghanistan. Ich denke über Gründe nach:
1.) Diese Schicht ist gewaltgeil. Sonst wäre sie ja nicht oben. Ohne den Willen zu unterdrücken, wenn sein muss, zu töten, kann man keine bürgerliche Politik betreiben. Es ist einfach immanent. – Das klingt aber doch etwas zu stark. Nicht? Ich verweise auf einen
früheren Eintrag über den Zusammenhang von militärischem Grad und politischer Stellung.
2.) Die „Westorientierung“ (nur West, nicht Ost? - also allgemein - das sich an den Starken Orientieren, seien sie Russen oder Amis). Deutschland ist in die Nato eingebunden und verpflichtet, will sie sich weiterhin „beschützen“ lassen, Gegenleistungen zu bringen. Wer bedroht uns, oder könnte uns bedrohen? – Klar: die ehemaligen Alliierten. Warum wird dieses Argument nicht öffentlich vorgebracht?
3.) Amerika ist von Al Kaida bedroht. In seiner rassistischen und menschenfeindlichen Brutalität ist Al Kaida ja das Böse schlechthin. Wenn wir sie töten, dann mit Grund. Schon die Tatsache, dass wir X-mal mehr töten als sie, beweist, dass wir mehr Recht haben. Die Tatsache, dass sie massenhaft auftreten und massenhaft getötet werden, beweist ihre Minderwertigkeit. Jedes Jahr, so Krönig, mutieren 500 000 afghanische „Buben“ (Krönig) potentiell zu Taliban. Darüber, wie Amerika in der Welt auftritt und sich seine Vorteile sichert - auch für „uns“ holen sie ja das Öl raus - müssen wir uns keine Gedanken machen. Wir sind ja Demokraten, wenn auch nur „kurzatmige Mediendemokratien“ (Krönig) und brauchen das Öl, die Rohstoffe und das Geld – nötiger als der Rest der Welt. Wir können uns Armut nicht leisten.
4.) Was das Volk denkt oder will, was soll´s. Wir wissen ja, es ist faul und bequem, eben „postheroisch“(Krönig). Auch die britischen Eliten machen ihre Politik gegen eine Volksopposition von 62%. Noch mehr wie man sich seine Vorteile gegenüber dem Muslim sichert, sollen wir von den Israelis lernen,

Warum ziehen die Damen und Herren der Achse des Guten nicht selber nach Afghanistan, wenn es sie so sehr drängt? Es gibt da sicher eine Privatarmee a là Blackwater, die sich um solche Heroen drängt. Warum zieht die Schrumpf- und Rumpf-SPD der
Berliner Republik nicht gleich mit. - Zurück ins „Vaterland“ freilich nur nach der Gerichtsverhandlung über Mord und Mordkomplott.

12.2.08

GRENZEN DER MORALISIERENDEN KRITIK

Meine Kritik hier ist vorwiegend eine moralische, will sich an Gerechtigkeit, Gleichheit orientieren, für die wir Opfer zu bringen haben, uns selbst beschränken sollen, einen egoistischen Standpunkt aufgeben sollten zugunsten eines allgemeinen. Und dergleichen mehr.
Mit moralisch ist also gemeint eine individuelle Entscheidung mit der Betonung des Allgemeinen.
Eine solche Kritik konstruiert immer gleich so etwas wie Schuldbewusstsein, Verantwortung – mit dem Wissen um die Konsequenzen eigenen Verhaltens werden wir ja unmittelbar verantwortlich, schuldig, sündig oder gerecht. Das ist die Konsequenz des Apfels im Paradies - der Freude an der Erkenntnis. Die Intellektuellen sind die Schlangen, die diesen Apfel rüberreichen. Frei nach Mathäus 10,16.
Nun kratzt eine solche Kritik immer nur an der Oberfläche. Wir wissen ja seit Freud und Fechner, dass nur ein Siebtel von uns über das Bewusstsein, das Ich, überhaupt erreichbar ist.
Also: wenn die Menschen im Kapitalismus sich so oder so verhalten, etwa konsumistisch, idiotisch, gute Geschäfte machen wollen, sich ihre Nischen suchen, Innovationen einbringen, Spenden verteilen, dann sind sie ja so gefangen in dem Verwertungsgefängnis, sich auf Teufel komm raus als Individuen reproduzieren zu müssen – wie soll man es ihnen vorwerfen? Wenn sie sich ohnmächtig fühlen - das ist realistisch – und deswegen [„auf mich kommt es ohnehin nicht an“, „was hab ich schon zu sagen“] die moralische Frage erst gar nicht stellen oder sie in einer billigen Weise beantworten [„linke Besserwisser“, „Sektierer“, „moralisierend“, „Es kommt auf jeden Einzelnen drauf an“] – wie soll man es ihnen verdenken?
Beim Besuch eines Paares aus den Bereichen Unternehmensberatung und Sozialmanagement stelle ich fest, wie ihr Mind eigentlich offen ist, wie sie meine Kritik [„Produktionsverhältnisse ändern …“] mit der ihren zu vereinbaren suchen, wie sie sich in eine gute Sache eingelassen haben - freilich ohne die Zusammenhänge zu sehen, in denen sie bedingt durch Ökonomie und Herkunft, drinstecken. Wie sie die Übernahme meines Stanpunkts nur arm machen würde und sie ihre Existenz verlieren würden.

Aber ist da noch Gutes drin in der Weiterentwicklung des Kapitalismus? Wird er am Ende doch nicht an einem guten Ende ankommen? Ist nicht die Befriedigung der biologischen Bedürfnisse schon weit fortgeschritten? Und könnte man sich nicht denken, dass so die andere und bis jetzt vernachlässigte Dimension des Sozialen, der Verständigung, Kommunikation, des Verständnisses bis hin zur Empathie mittels Einfühlung, Literatur, Kunst, sozialer Erfahrung und Reflexion eigener Gefühlslagen, dass das auch so fortschreitet - man denke nur an die neuen Marketingmethoden, in denen sich auch etwa ein Linker wie
Peter Brückner engagiert hat – dass also diese neuen Sozialtechnologien, Managementmethoden zu einem neuen menschlichen Sozialismus führen, wenn erst mal das Ökonomische konsequenterweise politisiert und dann sozialisiert wird????

Oder geht alles nur in Richtung EGOKULTUR? Einem Fest der Individualisierung? Einem Wettbewerb der Schönheiten? Der Reichen und Hübschen, wo man wie jetzt bei der Berlinale bewundernd daneben stehen darf, 600 € für das Büffet? Fallen da nicht auch ein paar Brosamen ab für uns, Ideen, wie wir uns hübsch machen können, wie man nett lächelt, schön singt. Haben wir da nicht was aufzuholen?

11.2.08

HUNGER

„Skandal“ schreit die Sozialarbeiterlinke. „Berliner Links-Senat empfiehlt Unterernährung“ Th. Sarrazin, Sparmeister in Berlin und unbekannter Schichtherkunft, bringt einen Speiseplan, nach dem sich für 4,25 € am Tag leben lässt.
Ich rechne nach: ca. 2100 kcal am Tag, nicht 1800 kcal wie bei indymedia behauptet. Würden mehr Kalorien reingerechnet - finanziell kein Problem - käme die Klage, Sarrazin wollte die HartzVierler verfetten.
In unserem Haushalt kommen wir problemlos mit einem Betrag weit unter den 4,25 € je Person aus. Wir essen zweimal in der Woche Fleisch, zweimal Fisch. Wegen der Haltung essen wir kein Schweinefleisch, kein Geflügel. Aus dem Kleingarten haben wir biologisches Gemüse und Obst. Wir kochen natürlich selber, backen das Brot und natürlich gibt es auch Kuchen. Ich bin bei der Arbeit mittelschwer belastet, fahre Rad, jogge pro Woche 60 km und leide weder an Auszehrung noch an Mangelerscheinungen.

Würden diese Antifakinder der Mittelschicht sich Gedanken machen, wie man das Konsumniveau allgemein senken könnte, sei es aus Gesundheits- oder ökologischen Gründen, sei es zur Erreichung von Weltgerechtigkeit, - dann könnten wir uns verständigen. Aber es geht ihnen ja nur um ihr Privileg, aus einem Warenkorb Geschenke zu verteilen, für den sie andere arbeiten und bezahlen lassen.

Etwas anderes ist der Versuch, auf HartzVierler durch finanzielle Kürzungen Zwang auszuüben, irgendeine Arbeit azunehmen. Bei Sarrazin denke ich nicht, dass er sich kritisch zu den kapitalistischen Kapitalverwertungszwängen verhält. Aber die Kritik daran ist etwas anderes als das Sozialgejammer.
Für Heranwachsende ist HartzIV zu niedrig, nicht nur was Essen, vor allem was Bildungskosten angeht. Die wären aber nicht sinnvoll als individuelle Zahlung, sondern als staatliche Leistung für die Teilnahme an Sport, Arbeitsgemeinschaften, Clubs, Musik usw.

9.2.08

LINKSRUTSCH

„Der" Wähler orientiert sich neu. Die Mehrheiten ändern sich, der Trend geht nach links. Journalisten packen alte Sätze aus. Man darf wieder über Ungerechtigkeit reden. Manchen kommt es so ungelegen, dass sie nicht mehr durchblicken. (Schöne Fehlmeldung im Männermagazin, statt +2 gewünschte -2. Der Schock macht eine Korrektur unmöglich.)
Zunächst bedeutet der Zuwachs der Linken eine Themenveränderung bei den anderen Parteien: Ungerechtigkeit statt dummem Antikommunismus und sozialer Ausgrenzung. Die SPD beginnt wach zu werden, kommt mit linken Sprüchen. Gleichzeitig behandelt Ypsilanti die Linke als Schmuddelkind.
Was würde sich durch eine Regierungsbeteiligung der Linken aber verändern?
Inhaltlich kaum was (siehe Berlin, wo die Linke die Schulden der CDU abarbeitet). Ein paar linke Leute oben, linkes Blabla, Fähnchen setzen in Hundehaufen.
Gäbe es vielleicht einen „Wind of Change“? Linke Themen kommen in die Diskussion, es findet eine Politisierung von entpolitisierten Bereichen statt. Also was Einkommen, Bildung, Konsumverhalten angeht.
Ich bin skeptisch.
Was bedeutet die Artikulation von „Ungerechtigkeit“? Ich will x % mehr verdienen, die anderen verdienen zuviel? Alle sollen so ein bisschen verdienen wie die Manager? Deutsche Exportweltmeister für immer? Überhaupt Weltmeister in irgendwas oder allem?
Ich denke, die Gesellschaft ist schon so „differenziert“, in eine Vielzahl von Egoismen zerfallen [Arbeiter“klasse“ nur Teil davon], dass eine linke Politik - „Solidarität“ - nur eine Basis in der Propaganda, aber nicht im praktischen Verhalten hat.

Ein Kommentar sagt:
Du hast einen vollkommen falschen romantischen Ansatz. Du träumst von einer idealen solidarischen gleichen Welt. Aber die Zeit der Bauern, wo die Unterschiede nicht groß – wenn auch subjektiv bedeutsam – waren, wo jeder mehr oder weniger das Gleiche gemacht hat: Kühe melken, ausmisten, Futter holen usw., diese Zeiten sind historisch obsolet.
Warum gehst Du stattdessen nicht von der Realität heute aus: Jeder ist durch die gewachsene Arbeitsteilung in Irgendwas spezialisiert. Du träumst immer noch vom Universalismus, deswegen arbeitest Du auch auf Hilfsarbeiterniveau. - Diese Zeiten sind vorbei. Das Ganze funktioniert nur noch auf einem hohen technologischen Niveau. Das ist die berühmte Basis, das sind die „materiellen Verhältnisse“, von denen Marx gesprochen hat. Es hat keinen Sinn, zu einer vorintelligenten Produktionsform zurückzubewegen. Sei realistisch.
Es würde bedeuten, dass jeder in seiner Spezialisiertheit zu einem gesellschaftlichen Ganzen beiträgt: der Techniker, der Pädagoge, der Künstler, der Finanzierungsexperte, der Unterhalter, der Kritiker und am Ende der Politiker.

Meine Antwort:
Die Frage ist, wie sich das Einzelwissen von Fachleuten zu einem sinnvollen Ganzen, genannt auch „Allgemeinwohl“, fügt. Ob über die Konkurrenz oder Hierarchie der Experten - oder über die Politisierung des Experten. Das hieße, dass er die Auswirkungen seiner Techniken reflektieren müsste, sich die Frage stellen lassen müsste, was es zur Erreichung gesellschaftlicher Werte wie Gleichheit, Umwelt, Gerechtigkeit, Menschenwürde beiträgt. Ich will also auf die gegebene Intelligenz nicht verzichten, sondern sie ausweiten und herausfordern, „politisieren“.


Ein eingedeutschter Kollege, von Bild und Lokalzeitung unterrichtet, findet Lafontaine „gefährlich“. Meint wohl seinen „Populismus“, vielleicht seine oft ausgebeutete Rede vom „Fremdarbeiter“. Ich bin sauer über soviel dummen Opportunismus und beschließe wütend, ihn von jetzt ab einfach zu ignorieren. Obwohl ich seine vorkapitalistische ruhige Art mag, - die Art, wie er die Zeit vergessen kann, manchmal hasse, manchmal bewundere. Auch die Arroganz bewundere, mit der er im Kopf anderswo beheimatet, uns arme, gehetzte deutsche Schweine bemitleidet.

2.2.08

Schlagen

Ist die Tabuisierung des Schlagens bürgerlich?

Zu den bürgerlich liberalen Umgangsformen gehört die Tabuisierung des Schlagens. Ich wurde geschlagen – in meinem Milieu, meiner Klasse war das zu jener Zeit nicht unüblich – und habe geschlagen. Mir stellt sich die Frage, ob diese bürgerlich-liberale Tabuisierung der Gewalt nichts anderes als ein Mittel ist, um - begünstigt durch reichliches Einkommen und freundliche Umwelt – jene noch mehr zu diskriminieren, die unter gesellschaftlichem Druck, Erfahrung von Benachteiligung, von eigener Schwäche und Verletzbarkeit zum Schlagen als Ordnungsmittel greifen?


Ist körperliche Gewalt proletarisch?

Es gibt eine falsche Verherrlichung körperlicher Gewalt innerhalb der radikalen Linken, der Abfuhr der Affekte von erlittener Ohnmacht in Krawalldemos etwa, oder in der Ikone vom starken und auch handgreiflichen Proletarier. – Gewalt hat eine Tendenz zur grenzenlosen Ausweitung. Aber es ist zu leicht und billig jede körperliche Gewalt mit ihren großen historischen Explosionen im Völkermord gleichzusetzen. Wer in jedem Schlag nur den Faschismus sieht, interpretiert bewusst falsch und trägt zur Verfeindung bei.


Sinn von Schlagen

In meinem Fall interpretiere ich die Schläge, die ich bekommen habe - es waren viele, von Eltern, Lehrer – als im Effekt Versuche, das weiterzugeben, was selber empfangen wurde, eine Art von negativer Erbschaft. Als Geschlagener erfahre ich so etwas über die Biografie der Schlagenden, ihre Gefühle und wie sie sich selbst empfunden haben. Jetzt wo sie tot sind und schaue ich auf ihr Leben, kann ich sie besser verstehen. Vielleicht auch, weil im Geschlagenen mit jedem Schlag Todeswünsche gegenüber dem Schlagenden erzeugt werden und dieser Todeswunsch mit seinem Tod befriedigt wurde und so sich das Verhältnis „entspannt“ hat.


Beim Schlagen, so meine Vermutung, wird auch etwas Inneres exterritorialisiert. Jemand wird weggestoßen, der etwas verdrängtes eigenes Inneres darstellt. Sei es ein eigener Affekt, eine eigene unterdrückte Handlung. Es gibt sicher Unterschiede zwischen einem affektiven Schlagen und einem Schlagen mit kühler Hand. In dem einen Fall ist das Böse gefühlsmäßig präsent und unmittelbar bedrohlich, aber die Zuschreibung des Bösen ist nicht fest und endgültig. Der Schlagende ist vom Bösen so affiziert, dass er auf das Böse spiegelbildlich - vielleicht „mimetisch“ - böse reagiert. Es ist gleichgültig, ob es eine Ideologie dafür gibt oder nicht – reine „Spontaneität“ gibt es ohnehin nicht. Im anderen Fall ist es personifiziert und kontrollierbar, bezieht sich entweder auf die Person oder auf ihre Taten. Hier wird dann von Vergeltung, Rache, Bestrafung, Buße usw. gesprochen. Nietzsche sieht in der Rache die Urform des Rechts; Gleiches wird mit Gleichem vergolten - eine Vorform der sozialen Gleichheit und Gerechtigkeit.


In der schlagenden Gesellschaft wird die Trennung der gesellschaftlichen Individuen untereinander zum bestimmenden Prinzip. Moralische und auch übrige Reinlichkeit sind oberste Werte, das Mitgefühl, die Identifikation und Empathie wird verweigert. Die Individuen erleben sich als voneinander unterschiedene und getrennte. Es gibt Böse und Gerechtfertigte. Der Schlagende sieht in dem anderen das Böse. Der Geschlagene sieht in sich das Böse, wie wiederum auch im Schlagenden das Böse. Trennung, Abstoßung, Ausstoßung, Unterdrückung, Absonderung, Strafen, Kontrollieren usw. sind die Modi einer schlagenden Gesellschaft. [Manchmal kommt es mir vor, dass der urteilende Verstand, der klassifiziert, in Begriffe ordnet, der die Dinge voneinander trennt und sie auseinander hält, definiert und voneinander abgrenzt, der Namen gibt, Identitäten und Unterschiede erzeugt, ein Teil dieses strafenden und schlagenden Gesellschaftssystems ist. Dabei ist die schlagende Geste die Vorform des urteilenden Verstandes.]


Die Wirkung des Schlagens ist eine Abgrenzung. Aber sie kann auch wieder eine Beziehung herstellen. Im traditionellen Recht in Zimbabwe etwa muss ein Toter durch die Einheirat einer Frau aus der Familie des Täters gesühnt werden. Deren erstes Kind gehört wieder zu der Familie der Frau. - Die jugendlichen Ausländer, die auf die deutschen Rentner einschlagen, stellen eine Verbindung zu jenen her, die sich von ihnen abgrenzen wollen. Sie gehen nicht indifferent aneinander vorbei, sondern stehen sich gegenüber.


Auch das begriffliche Denken, das zwischen den Dingen unterscheidet, bringt diese durch die Begriffe zueinander in einen Zusammenhang, in einen (flüchtigen) systematischen Zusammenhang. Jeder Begriff enthält sein Gegenteil in sich - alte dialektische Weisheit.


Die Dialektik des Schlagens

Aber nicht nur der Geschlagene ist ausgesondert. Auch der Schlagende hat sich schmutzig und schuldig gemacht. Es hängt an ihm wie der schlechte Ruf an dem Henker. Er nimmt eine Schuld auf sich, muss Rache, Distanzierung, Isolierung fürchten.

Schlagen ist einerseits eine „impulsive“ Regelung von sozialer Ordnung, andererseits immer auch eine Verletzung dieser Ordnung, eine Zerstörung sozialer Beziehungen, die Rache, Schuldgefühle, Scham, Trennung und Distanz nach sich zieht. Wenn ein Kind nach den Schlägen weint, bringt es damit auch die Trauer über eine zerstörte Hoffnung, über zerstörtes Vertrauen und eine zerstörte Beziehung zum Ausdruck.


"Vorteile" des Schlagens

Dabei ist das Schlagen als eine „materielle“ Handlung relativ einfach zu behandeln: eine Tat, die sich verfolgen, rechtfertigen, bezeugen, quantifizieren lässt. Ihre „Objektivität“ macht sie behandelbar, schafft Klarheit, ist eine „einfache“ Lösung, überfordert nicht den nach Eindeutigkeit verlangenden Sinn. – Ganz anders bei seelischer Grausamkeit, bürgerlicher Kälte, Indifferenz, Schweigen, Ignorieren, dem Gebrauch materieller Abhängigkeit. Diese „Klarheit“ und „Eindeutigkeit“ der Schläge wird als ein Vorteil gegenüber den intellektuellen Winkelzügen einer nichtschlagenden Pädagogik propagiert, obwohl sie immer auch mit der üblichen Ungerechtigkeit verbunden ist, die mit asymmetrischen Verhältnissen einhergeht. In Afrika habe ich erlebt, wie ein 8jähriger Schüler vor versammelter Schule vom Direktor mit Schlägen und Fußtritten traktiert wurde. Derselbe Direktor erzählte mir, wie er immer, wenn er seinen alten Lehrer trifft, diesem ein Bier als Entlohnung für die Schläge spendiert, die er von ihm bekommen hat. Seine Klassenkameraden, die es nicht so weit gebracht haben, dürften weniger spendabel sein.


Ist das staatliche Gewaltprivileg eine notwendige Kulturbedingung?

Schlagen ist Ausstoßung aus einer Gemeinschaft, eine Feinderklärung bis zur Todesdrohung und Tötung, andererseits aber auch eine Regelung von sozialer Ordnung auf einem konservativen Niveau. „Konservativ“ in dem Sinne, dass diese Ordnung geregelt oder wiederhergestellt wird, dass die Motive und Intentionen des Ausgestoßenen nicht gewürdigt, verstanden und abgelehnt werden. Nun lebt Gesellschaft immer von der Verdrängung und Unterdrückung gemeinschaftsfeindlicher Handlungen, aber diese Unterdrückung muss für jeden nachvollziehbar sein und unter den gegebenen historischen Veränderungen neu ausgehandelt werden.

Der von seinen Entführern misshandelte Reemtsma wird in seinen Tätern nur das Böse der Gewalt an sich sehen und nicht nach ihren Gründen, geschweige denn ihrer Verständlichkeit fragen. Das Kapital, das er in die Manipulation der bürgerlichen Öffentlichkeit investiert, lässt seine Herkunft aus der Ausbeutung anderer Menschen nicht mehr erkennen. Die Macht des Geldes wirkt nicht über Schläge, Gewalt und ist trotzdem gewaltförmig. Reemtsma kann sich ein linkes Image kaufen, irgendwelche intellektuelle Prostituierte lassen sich immer finden, aber die Lösung liegt nur in der "Expropriation der Expropriateure", der Enteignung der Enteigner.

Gewalt in der Bibel

In der menschenfreundlichen Bibel heißt es im Psalm 137,9: „Wohl dem, der deine (Babylons) jungen Kinder nimmt und zerschmettert sie an den Stein!“. Luther gibt hier eine denkwürdige Auslegung: „Der Fels ist Christus, die kleinen Kinder aber sind unsre bösen Triebe und Wünsche. Was soll man tun, wenn man diese Triebe und Wünsche spürt? Wie soll man sie überwinden? Antwort: wenn man sie an den Felsen Christus schmettert...“. Hier werden auf sehr gefährliche Weise Kindheit mit böser Triebhaftigkeit gleichgesetzt und es wird der ideologische Kern einer schwarzen Erziehung entwickelt. (Eine radikale Deutung versucht Petra Bosse-Huber.)


Gewalt in der Familie

In einer Familie kommt es zu einem Konflikt zwischen Geschwister. Es geht um schmutzige Handtücher. Der eine schreit auf den anderen ein. Die Mutter fängt auch zu schreien an. Der Vater hält die Mutter erst zurück, schreit schließlich auch und schlägt auf ein Kind ein. Mit gellenden Schreien und nach Luft japsend rennt das Kind in sein Zimmer. Alle haben Schuldgefühle und rechtfertigen sich aggressiv.

Was geht hier vor sich? Dieses Kind ist überzeugt, dass alle gegen es sind und sein Bedürfnis nach seiner Freiheit. Mit seinem Schreien gibt es seiner Wut darüber Ausdruck. Warum schlägt der Vater? Er empfindet seine Wut als ungerechte Anklage, als „böse“.

Die Familie bildet eine Gemeinschaft dadurch, dass die Mitglieder sich mit gegenseitigen Erwartungen gegenüberstehen. Diese Erwartungen führen zu Konflikten, wenn sie die Entscheidungen und Wünsche eines Mitglieds in Frage stellen. Das Schlagen ist, genauso wie es ausgrenzt, Ausdruck dieser gegenseitigen Abhängigkeit.

Im bürgerlichen Verständnis sind diese Gefühle – etwa von Wut, Zorn – zu unterdrücken zugunsten der Freiheit des Individuums, seiner Unabhängigkeit und Autonomie. Man mag es das Prinzip der „bürgerliche Kälte“ nennen. In einer metabürgerlichen Gesellschaft hat Verständigung Vorrang vor Unabhängigkeit.


Psychologie des Geschlagenen

Der Geschlagene fühlt sich identifiziert als böse, ausgestoßen. Er trägt eine innere Marke mit sich, fühlt sich als außerhalb der Gemeinschaft, in gewisser Weise „vogelfrei“. Er hat zu befürchten, immer wieder geschlagen zu werden. Schlimmer, er hat das Gefühl, dass dazu ein Recht besteht. Er hat Angst, ist schuldbewusst, hat kein Selbstbewusstsein, geht auf Distanz. Ihm bleibt of nur die Identifikation mit den Andersartigen. Manchmal scheint eine ganze Gesellschaft in Outlaws zu zerfallen und nicht nur die Geschlagenen zählen dazu, sondern alle anderen, die Schläge nur zu befürchten hatten.

Der Geschlagene kann auch einen „verschlagenen Charakter“ annehmen, das bedeutet, er täuscht vor, man kann ihm nicht glauben, was er vorspielt, man kann ihm nicht trauen. Er kann aber auch sadistisch werden und sich daran freuen, dass anderen das widerfährt, was ihm widerfahren ist. Oft ist das Leben von Geschlagenen von unbewussten Rachephantasien verdorben.


Die Versöhnung

Gibt es eine Lösung aus der Gewalt? Gewalt zerstört, führt etwas Anderes in die Gesellschaft ein, verändert. Gewalt kann nicht zurückgenommen werden, aber auch die Rache, das Recht und die Gerechtigkeit können das nicht wiederherstellen, was zerstört worden ist. Eine Versöhnung im einfachen Sinne der Anerkennung der Schuld, der Übernahme von Buße und Wiedergutmachung ist keine Lösung, denn wird die Ursache der Aufhebung des Gleichgewichts nicht weiter wirksam sein? Beziehungen können sich nur verändern, wenn sie von beiden Partnern als Schuld anerkannt werden. Im Grunde ist das ja in dem christlichen Vergeben und Schuldbekenntnis enthalten. Andererseits bleiben ein Schuldbekenntnis und eine Vergebung historisch nur bedingt folgenreich, wenn sie nicht konkret werden und neue Beziehungsstrukturen bewirken.


Wo Gewalt auftritt ist es ein Symptom einer schon lange vorsichgehenden falschen Entwicklung. Es hat keinen Sinn, nur das Symptom zu unterdrücken.