24.5.07

24.05.07 Demokratie und Medien

Dank geistiger Unterforderung durch meine Arbeit, bin ich in der Lage mir mit dem MP3-Player anzuhören, was im Rundfunk gesendet wurde und erfahre mehr über das Verhältnis der bürgerlichen Journalisten zu ihrem Publikum:

Also die Basis, die ist auch ganz gut steuerbar und die ist meistens eine ganz amorphe Masse.“
(Rainer Burchardt, ehemals Chefredakteur beim DLF, heute dort immer noch häufig kommentierend, „Reform“-SPD. Andere haben dort keine Chance, zu Wort zu kommen)
Ich erinnere mich, wo Hitler von der von ihm demagogisch bearbeiteten Masse in ähnlichen Wendungen sprach. Aber die Assoziation führt anderswohin:
Was Attac da manchmal macht, das hat …schon wirklich nationalfaschistische Anklänge manchmal.“ (Michael Rutz, Rheinischer Merkur, Bonn) (Wie schafft es dieses katholisch reaktionäre Blättchen, das ich bis 68 regelmäßig gelesen habe, zu überleben? Sicher nicht durch die Zahl der Leser.)

Am gleichen Tag eine Diskussion SWR-Forum wo eine Redakteurin der so genannten „Welt“ sagt: „Es stimmt … da sehe ich auch ein klares Defizit, dass eben nicht kommuniziert wird, dass in großen Teilen der Welt …, die absolute Armutsquote dramatisch gesunken ist durch die Öffnung der Märkte.“ Propaganda ist „Kommunikation“.

Über R. Burchardt, dem ehemals linken Chefredakeurs des Deutschlandfunks, habe ich im Internet etwas gelesen, was ich nicht zurückhalten kann:


"Ich habe meinen Sohn ein Jahr nach Amerika geschickt. Wenn ich hinterher sage, was ist dabei herausgekommen: Er hat Lebenserfahrung mitgebracht. Das hat 20.000 DM gekostet, dafür hat er Leute dort kennengelernt, mit denen er heute beruflich eine gemeinsame Firma gegründet hat, die sehr erfolgreich ist.Ich sage Ihnen ganz deutlich: Leute, die nicht bereit sind, erst einmal vorzuinvestieren, um die muß man sich Sorgen machen. Aber die, die kommen und sagen, ich leih' mir jetzt was, was auch immer, und ich mache das jetzt, die werden letztendlich auch erfolgreich sein. Risikobereitschaft heißt: Wer sich nicht in Gefahr begibt, kommt darin um."


Man hört das Plädoyer für Studiengebühren, Studienkredite, gut verdienende Eltern. Himmlisch der Spruch am Ende: „Wer sich nicht in Gefahr begibt, kommt in ihr um.“ Einmal von Seume produziert, dann von A. Kluge zum Filmtitel gemacht. Hatte er bei Seume noch eine spezifisch biografische Bedeutung, so verkommt der bei den zwei letzteren zu einer bürgerlichen Modephrase des sozial abgesicherten Geschäftchenmachens.


Welche Firma hat denn da der Sohn gegründet?

  • Wie man Nachrichten so selektiert, dass sie auf das erwünschte Weltbild steuern?
  • Wie man Amerikafreundlichkeit erzeugt und die Weltwirklichkeit verleugnet?
  • Wie man sich am besten in Vorteil setzt? (Etwa Gebell gegen Links)
  • Wie man durch gute Verbindungen und die opportune politische Meinung in Positionen kommt?

Ich denke die Sache weiter: Welches Geschäft könnte ich gründen?

Schulsystem so ändern, dass nötige Jobs gerecht verteilt werden (Unternehmensberatung? Forschungsauftrag an der Uni, bei der Gewerkschaft?)
Demokratische Unternehmenskultur in Fabriken aufbauen
Faires Verteilungssystem für Energie- und Rohstoffressourcen „implementieren“

Mit dem bei solchen Bewerbungen nötigen Selbstbewusstsein – diesmal mit Kompetenz – könnte ich mit meinen Erfahrungen an unterschiedlichsten Arbeitsplätzen, einer tiefen moralischen Bindung an meine Klasse (?), einer korrekten Herkunft etc. etc. prahlen. Für die Fans der bürgerlichen Erziehung entfalte ich dabei meinen Fremdwortschatz ins Lateinische und Denglische. Mit Verweis auf Erfahrungen im afrikanischen Busch demonstriere ich meinen internationalen Erfahrungsschatz.
Sozialromantik“ würden die Herren sagen. Sollte man ihnen dafür die Fresse polieren und Mollies auf ihre flotten Autos werfen? Würde dadurch der Kreis der Aufgeklärten vergrößert? Oder ein Zeichen gesetzt, dass nun ihre Zeit abgelaufen ist? Besser: eine Aktion wie der Sturm auf die Stasizentrale


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