21.7.07

„WIR DA UNTEN - DIE DA OBEN“

Sprechen auf dem Niveau von „Wir da unten – die da oben“ bewegen sich auf dem Niveau einer Abgrenzung, die nicht vorhat, diese Abgrenzung wirklich in Frage zu stellen. Neben einer resignativen Haltung ist zugleich ein Ressentiment, das die Verantwortlichkeit letztlich an „die da oben“ abgibt. Das Forderungsverhältnis, das damit begründet wird, führt zu Inaktivität und Passivität.
Vergleichbar den Afrikanern, die nach x Jahren Selbständigkeit immer noch im Bettelstatus leben, auf ihr historische Opfer verweisen, endlos Entschädigung verlangen, statt sich endlich selbständig zu machen.
Arm und reich ist keine moralische Frage. Es ist zu begreifen, dass die Armen die Reichen schaffen.
JESUS UND DER REICHE JÜNGLING
Die Geschichte in Matthäus 19,23ff hat mich damals als Junge immer seltsam berührt. „Verkaufe alles, was Du hast und schenke es den Armen.“ Der Jüngling geht traurig weg, „denn er hatte ein großes Vermögen“.
Heute weiß ich, warum mich das so denken gemacht hat. Ich habe mit dem Jüngling sympathisiert. Ist es nicht eine lebens- und menschenfeindliche Forderung dieses Sektierers Jesus?
Jesus setzt immer wieder auf eine radikale Lebensverneinung: Sammelt Schätze im Himmel, Mein Reich ist nicht von dieser Welt. Im Zentrum des Christentums steht der Tod. Er ist die Erlösung.
Wenn die Pfarrer ihre Botschaft schmackhaft machen wollen, dann verweisen sie auf die Akte der Lebensfreude in der Bibel: die Hochzeit von Kanaan, die zahllosen Heilungen, das Abendmahl, die Haarbehandlung durch Magdalena und dergleichen mehr. Es erscheint mir aber als taktische Anpassung an die Geschmäcker des Publikums.
Bestenfalls lässt sich die christliche Botschaft als unbegriffen paradoxe interpretieren: Man mag das andere, das ewige Leben im Jenseits, und will das andere, das Leben hier und jetzt, doch nicht lassen. Wobei es allerdings ein menschliches Bedürfnis und auch ein Recht ist, beides haben zu wollen.
Die Kirche übrigens hat das Sektiererische an der Forderung von Jesus erkannt und sich im Großen und Ganzen gedanken- und skrupellos im Bündnis mit christlicher Partei und Kultur auf das Privateigentum der wohltätigen Eliten geeinigt.
Die Apostel erschrecken über den Radikalismus von Jesus, fragen: Wer kann dann noch gerettet werden? Merkwürdige Antwort: Für Menschen ist das unmöglich, bei Gott ist alles möglich. – Merkwürdige Logik: die Armutsforderung ist „menschlich“, aber für Gott muss das keine Rolle spielen. Da wird das, was ich Sektierertum genannt habe, wieder zurückgenommen.

Für uns, Angehörige eines Sechs- oder Achtmilliardenvolks, stellt sich die Frage nach Reichtum und Armut anders: wie müssen wir uns organisieren, dass jeder zu seinem Leben kommt, ohne das anderer einzuschränken? Bezogen auf den heutigen Stand ist aber ein Weiterleben im Luxus von heute nicht möglich. Nur „arm“ leben, macht Zukunft möglich. Etwa Reduktion der Verschmutzungsrechte auf 2 to CO2.

Die christliche Wohlfahrt lässt unter den Bedingungen asozialer Strukturen das Überleben einer Idee von Mitmenschlichkeit zu, solange sie klar macht, dass die allgemeine Lösung nur die demokratische Übernahme der Produktionsmittel ist. Andernfalls ist die „Nächstenliebe“ nur das soziale Anhängsel von Profitstrukturen.

Für uns Nichtchristen ohne die Aussicht auf eine fundamentale Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse bleibt nur übrig, im eigenverantwortlichen Bereich das Bestmögliche zu machen, auf die gesellschaftliche Absurdität des Ganzen hinzuweisen, die Bedingungen einer notwendigen Veränderungen zu analysieren.

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