19.7.07

EINEN URLAUBSTAG FÜR EINEN ARZTTERMIN

Seit März habe ich Schmerzen im Bewegungsapparat, hat nichts direkt mit der Arbeit zu tun. Weil ich motorische und sensorische Ausfälle habe, gehe ich zum Arzt. Natürlich in meiner freien Zeit. Der Arzt will eine CT, bzw. MRT. Der Terminkalender der Radiologie ist voll und in den nächsten 4 Wochen bekomme ich einen Termin, aber 10 Minuten vor meinem Arbeitsbeginn.
Ich weiß, wie problematisch für Teilzeitarbeiter Arzttermine sind – sie sollen sie grundsätzlich in der freien Zeit nehmen – und frage den Chef, ob ich eine AU Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung brauche. Seine Antwort: Ich solle doch Urlaub nehmen. – Natürlich lehne ich ab. Ich werde mich also um eine Bescheinigung bemühen.
Ich wundere mich. Es ist mein erster Arzttermin seit 8 Jahren. Ich war nie krank, habe Nachtschichten mit Schmerzen, Übelkeit und Kotzen verbracht. Jetzt soll ich wegen vielleicht einer Stunde Urlaub nehmen?
Was hat er davon? Es ist klar unvernünftig. Aber er hat das, was die Amerikaner eine „attitude“ nennen, eine negative arbeiterfeindliche Einstellung.
Die Gesellschaft ist durchzogen von solchen Feind- und Abgrenzungslinien. Bereitschaft, zuzuschlagen, besteht bei allen. Aber die Herrschenden sitzen am längeren Hebel. Den Ohnmächtigen bleibt nur die Gewalt. Und damit sind sie schon verloren.
Der Chef ist übrigens praktizierender Katholik. Im Müll habe ich eine Menge von Kopien für Taufrituale gefunden. Wahrscheinlich braucht er das für die Definition von Gut und Böse in seinem Weltbild.

Was Nettes nebenbei: Eine deutsche Zeitung, die
taz, schreibt über eine Fließbandarbeiterin. Es geht um die Rente mit 67. Wie eben alles so verschieden ist. Und aus der Sicht eines Landessozialpfarrers bei der Niedersächsischen Landeskirche. Wie der die Probleme anderer Menschen sieht und darüber Gutachten schreibt. Was die Arbeiterin sagt, wird zur Wirklichkeit durch den Mund des Pfarrers. Wie heißt es? „Herr, sprich nur ein Wort aus Deinem Mund und meine Seele wird gesund.“

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