15.4.08

Zu einem Kommentar

Ein Kommentator meint, Staat wäre auch in Zeiten von Neoliberalismus und Globalisierung notwendigerweise autoritär. - Es ging mir aber bei der Kritik an Reinecke nicht darum, Staat und gesellschaftliche Institutionen grundsätzlich für schlecht zu halten. Ich denke, Reinecke hat darin Recht, als er die spontane Selbstorganisationskraft der Massen kritisch sieht. Das Problem liegt darin, dass sie, will sie wirksam werden, in sich selber staatsähnliche Strukturen ausbildet bis hin zur formellen oder informellen Strafjustiz. – Man kann das zwar durch die permanente Revolution oder Diskussion aufheben, wie es ja wohl auch von Dutschke in seinem „langen Marsch“ gemeint war, aber woher kommt diese kritische Bewegung? Aus der Moral, der Religion, der Vernunft, dem Naturrecht, der Widersprüchlichkeit der Institutionen, menschlichen (biologische) Bedürfnissen, natürlichem Gerechtigkeitssinn, von den „unterdrückten“ Menschen, ihrer Klassenlage, aus den Feindschaftsverhältnissen zwischen Mensch und Staat oder innerhalb der Gesellschaft, dem erreichten neuen Konsumniveau, den Grenzen in der Produktion oder der Geldökonomie, der Energie- und Rohstoffressourcen, Grenzen der Natur oder, oder …??
Das ist ein ziemlich widersprüchliches Geflecht. Warum ist die Bewegung ab dem 11.4.68 totgelaufen? Weil sie versucht hat, dieses Wirrwarr auf ein Feindschaftsverhältnis zu reduzieren.

Zur Plattform von Google: Hier ist es die gleiche Problematik wie bei Aldi, einfach zu handhaben, aber im Sog eines Monopols. Bei meinem Blog geht es neben der Abfuhr von Wut eher um Selbstreflexion als darum, auf andere Einfluss zu nehmen. Oder eher um eine Aufforderung mitzudenken, als um Bestätigung von Übereinstimmungen. Eine freie, offene und nicht polemische Diskussion ist schwierig.
Die gegebene Ohnmacht kann auch die Basis eines neuen Denkens sein. Soll sich wirklich etwas ändern – etwas sehr utopisches – müssen die Bedingungen überlegt werden, worauf es ankommt, wo die Fundamente, oder Quellen, die Wurzeln einer sozialistischen Gesellschaft sind.
Parteibildung, Lagerbildung ist schon deswegen problematisch, weil ich genauso wie andere – nimmt man etwa den berühmten „proletarischen Menschen“ (ein „Begriff“ von 67/68) – ein widersprüchliches Wesen bin. Und das ist zunächst jenseits von Gut und Böse zu denken, oder irgendeinem Lager, diesem Begriff aus der Militärsprache.

Die Neue Linke ist als Praxis gescheitert und muss neu durchdacht werden. Zentraler Mangel war ihre Bindung an die Mittelschicht. Falsch wäre eine Fixierung auf: Ausgrenzungen und Eingrenzungen, sei es Partei, (Anti-)Parlamentarismus, Gewerkschaft, linke Subkultur, linke Philosophie, linke Milieus usw. anstelle eines vernünftigen Diskussion aller mit allen. Ohne eine Einheit der Gegensätze geht es nicht, sie muss nur immer neu gefunden werden. (Reinecke dagegen will, wenn er die Staatsskepsis streichen will, die Dialektik stillstellen).

Aber ich werde mich interessieren, was bei blogsport.com läuft.

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