27.4.08

DISKUSSION ÜBER ARBEITSEMIGRANTEN

MK: Du zeigst Dich in Deinem Blog als Rassist. Hinter diesem Facharbeitersozialismusgerede steckt tiefverwurzelt alter Natiosozialismus. Sozialismus ist dagegen für alle da.
Ich: Also Wurzeln habe ich schon, wer hat keine? Aber etwas zu den Arbeitsemigraten: Sie wurden importiert, um den Arbeitsmarkt für das Kapital kontrollierbar zu machen. Das Kapital setzt auf Internationalismus, wenn es damit politische Begrenzungen im nationalen Rahmen bekämpfen kann. Wie jetzt etwa bei den EU-Verträgen.

MK: Aber die deutsche Arbeiterklasse ist doch nur an einem gut funktionierenden Kapitalismus interessiert und hat kein Interesse an einer Systemveränderung. Für das politische System ist es außerdem gleichgültig, wer die Arbeit macht, Inländer oder Ausländer.
Ich: Das stimmt für den beharrenden Teil, also die Arbeiter, die ihren Horizont auf das Leben in ihrem beruflichen Milieu beschränkt haben, die, die nicht in gesellschaftlichen Bezügen denken, sondern sich auf gegebene Konsummöglichkeiten reduziert haben. Alle nehmen mehr oder weniger bewusst gesellschaftlichen Unterschiede und Ungerechtigkeit wahr. Die einen verarbeiten es politisch, die andere individuell. Das gesellschaftlich vorgegebene und dominante Muster ist das der Mittelschicht; nämlich individuell intelligente Anpassung, Fleiß und Aufstieg. Die Verbreitung politischer Lösungsformen hängt von Resonanz in einer Öffentlichkeit ab. Diese Öffentlichkeit gibt es derzeit nicht. Als nicht materiell und praktisch sich durchsetzende Lösung bleibt eine sozialistische Orientierung nur Bewusstsein, Einstellung aber auch Gerede, Attitüde, individuelle Macke.
Die „linke“ Fantasie vieler Arbeiter bleibt allerdings in einem nationalen Rahmen stecken, sei es als nationaler sozialer Kapitalismus oder als nationaler Sozialismus.
Es ist auch nicht übertrieben, zu behaupten, die deutschen Arbeiter hätten in den Gastarbeitern zunächst weniger eine Konkurrenz gesehen als vielmehr eine Möglichkeit, auf deren Rücken aufzusteigen, die unqualifizierte Arbeit an Billigarbeiter abzugeben. Ich selber habe erfahren, wie deutsche Arbeiter durch die Gastarbeiter automatisch zum Vorarbeiter und Industriemeister aufgestiegen sind.

MK: Marx geht davon aus, dass der Kapitalismus nationale Besonderheiten im Weltmarkt egalisiert und da er international agiert, notwendigerweise international mit ihm umgegangen werden muss.
Ich: Marx geht von der Erfahrung der Internationalität von 1830 und 1848 aus. Aber das waren historische Sonderfälle, bei denen die Arbeiterklasse auch keine führende Rolle gespielt hat. In Wirklichkeit macht dieser hohe Anspruch auf Internationalismus, der über Rhetorik und Demos hinausgeht, den Bewegungsrahmen nur kleiner.
Man muss stattdessen von dem Bezugssystem ausgehen, in dem sich für die Menschen die politischen Prozesse und Entscheidungen abspielen. Das ist der nationale Rahmen.

MK: Das ist doch klassische Sozialdemokratie, am Ende noch mit „Burgfrieden“.
Ich: Der Gedanke einer sozialen Demokratie muss doch nicht schlecht sein. Aber ich glaube nicht, dass die Sozialdemokraten den Bruch mit dem Kapitalismus wirklich wollen.

MK: Heißt das also Krieg am Band mit „Ostarbeitern?“ Das ist doch Rassismus! Du wirst von Ihnen mit Recht als arroganter Deutscher gesehen, der sie bevormunden will. Sie wollen nur so leben wie die anderen Deutschen und nicht wie Du mit Deinem Sparsamkeitszwang!
Ich: Krieg oder Kampagnen wären blödsinnig und asozial. Die Gastarbeiter haben zwar als konkurrierendes Element das Machtverhältnis zu Ungunsten der Arbeiterklasse geschwächt, aber gleichzeitig bei den deutschen Arbeitern – ohne es bewusst zu wollen - systemkonforme Haltungen befördert. Sie selber haben eine Erfahrung von Herabsetzung, Missachtung und Diskriminierung, aber beziehen das nur auf sich, ohne die sozialen Verhältnisse ändern zu wollen. Sie haben Angst, ihre materiellen Grundlagen zu verlieren, denken nicht in Alternativen sondern leben in dem Wunsch, das vorhandene deutsche Niveau zu erreichen. Auto, nicht Fahrrad.

MK: Eine NPD-Parolen lautet: „Volksgemeinschaft statt Globalisierung“.
Die NPD-Klientel entsteht aus dem Bereich der durch Konkurrenz und Globalisierung bedrohten oder ausgeschiedenen Gesellschaftsgruppen. Das nationale Argument ist das letzte, das sie noch für sich in Anspruch nehmen können. Es ist aber ein Skandal, dass nicht alle – ob Leistungsträger oder nicht – einen gesellschaftlichen Platz haben. Die Antifa vermute ich - ich kenn zu wenige - stammt aus dem Mittelschichtsmilieu, ist materiell nicht bedroht, nicht zur Konkurrenz mit Ausländern, Hartz4lern gezwungen.
Sie fühlt sich moralisch überlegen, und ist de facto genauso aggressiv wie ihr Gegner. Sinnvoller, statt gegen die NPD zu marschieren, wäre es, für einen menschlichen Umgang, ein realistisches Selbstbild und realisierbare gesellschaftliche Chancen dieser Klientel zu sorgen und die Institutionen anzugreifen, die Menschen diskriminieren und disqualifizieren: Schule und Betriebe, Gewerkschaften.

MK: Aber die politische Trennlinie besteht heute zwischen Faschisten und Antifaschisten.
Ich: Nein, das sind nur Profilierungskonzepte einer Elite, die kein soziales Programm mehr hat, die ihre „überlegene“ Identität durch eine Abgrenzung gegen moralisch, bildungsmäßige und andere Unterlegenheit konstruiert. Typisch dafür etwa
Storz im Freitag, der zu einem Bündnis von Parteien, Gewerkschaften und Kirchen gegen rechts aufruft, also gerade den Institutionen, die marktgläubig Differenzierung, Konkurrenz und Mittelschichtskultur als Leitbild haben. Wie wäre es, wenn Gewerkschaften Diskussion, Information, gleichwertige Bildungsabschlüsse und Löhne für alle zu ihrem Ziel machen würden und nicht Prozentforderungen, Versicherungsmentalität und Marktanpassung.
Die politische Trennlinie liegt in der politischen Intelligenz selber. Darin ob sie in der Lage ist, kollektive Konzepte wirksam werden zu lassen. Also statt technokratischen Konzepten der Existenz – die im Wesentlichen auf der intelligenten Anpassung an Märkte bestehen – politisierte Existenzformen, die die gesellschaftlichen Implikationen politischer Entscheidungen reflektieren können: Bildung, Tarifverträge, Konsumverhalten und Umgangsformen. Also: Markt oder Demokratie.

20.4.08

Kleiner Eklat am Band

Der Kollege hat nun eine private Sache schon fast eine Stunde in der Maschine laufen lassen. Mir geht es langsam auf den Wecker. Und als er es wieder lädt, platze ich. Mein Protest lässt ihn nach Luft schnappen: „Was bist Du für ein Mensch“. Sein Ton macht mich fühlbar zum kalten Ungeheuer. „Keiner will mit dir arbeiten“. Das stimmt, mein Tempo, meine Ökonomie etc. machen es anderen schwer. Oder von mir aus gesehen: Ich kann ihren Trott, die Energieverschwendung kaum aushalten. Überall Lichter an, auch wo nicht gearbeitet wird, Heizungen auch bei 25°an, stundenlang laufen energieaufwendig Maschinen für kleinste Mengen. Wäre ich Chef der Firma, würde ich gleich 15% der Kosten allein mit Energiesparmaßnahmen reduzieren. (Ich verrate mich; ich denke schon wie ein Chef).
Aber ich bin dann doch geschockt über diesen Hassausbruch und mir ist klar, dass ich nun die ganze Ostmafia gegen mich habe. Darin Unterchefin und Gewerkschaften. Sie haben dank ihrer relativen Zuverlässigkeit, vor allem der Frauen, eine Bastion in der Abteilung errichtet und sind überzeugt, dass die Firma ökonomisch eine Art Staatsbetrieb ist, den man gnadenlos für sich nutzen kann. (Vielleicht haben sie Recht, aber de facto ist es asozial, so asozial wie ihr politisches und gewerkschaftliches Verhalten). Weil sie spüren, dass sie potentiell überflüssig sein könnten – durch Rationalisierung, die Maschinerie – versuchen sie möglichst langsam und wenig zu arbeiten.
Für mich Halbzeitler und obwohl älter als die Kollegen, ist die Arbeit am Band eher eine Art Sport und Herausforderung, vor allem am Abend wenn ich dann allein bin ein positiver Stress . (Gut, es gab auch schon Tage, an denen ich durchgehangen habe.) Den Kollegen dagegen in der Routine eines Ganztagesjobs steckend fehlt ein Ausgleich neben der Arbeit, wie bei mir etwa Internet, Schreiben, Lesen, Garten, Sport usw. Schon Radfahren finden sie lächerlich. Die Arbeit und der Hass gegen die Arbeit frisst ihre Seele auf.
Zunächst war ich kaltgestellt. Schlaflose Stunden. Aber ich fühle mich im Recht und brauche ihre Kollegialität nicht. Den deutschen Eliten ist mit dem Import der Arbeiter aus dem Osten gelungen, sich eine abhängige Klientel zu schaffen. Das, was ihr an Verantwortungsgefühl fehlt – ein Korrelat politischer Kritikfähigkeit -, das macht sie mit ihrer Angst, Feigheit und Mobbingbereitschaft umso leichter manipulierbar.
Jetzt beginne ich mir zu überlegen, wie mein Abschied nächstes Jahr aussehen soll. Werde versuchen, einige Unfreundlichkeiten rüberzubringen. Der Chef mit seiner Arroganz soll auch drankommen. Die letzten Abteilungsbesprechungen legt er immer so, dass ich nicht dabei bin.

15.4.08

Zu einem Kommentar

Ein Kommentator meint, Staat wäre auch in Zeiten von Neoliberalismus und Globalisierung notwendigerweise autoritär. - Es ging mir aber bei der Kritik an Reinecke nicht darum, Staat und gesellschaftliche Institutionen grundsätzlich für schlecht zu halten. Ich denke, Reinecke hat darin Recht, als er die spontane Selbstorganisationskraft der Massen kritisch sieht. Das Problem liegt darin, dass sie, will sie wirksam werden, in sich selber staatsähnliche Strukturen ausbildet bis hin zur formellen oder informellen Strafjustiz. – Man kann das zwar durch die permanente Revolution oder Diskussion aufheben, wie es ja wohl auch von Dutschke in seinem „langen Marsch“ gemeint war, aber woher kommt diese kritische Bewegung? Aus der Moral, der Religion, der Vernunft, dem Naturrecht, der Widersprüchlichkeit der Institutionen, menschlichen (biologische) Bedürfnissen, natürlichem Gerechtigkeitssinn, von den „unterdrückten“ Menschen, ihrer Klassenlage, aus den Feindschaftsverhältnissen zwischen Mensch und Staat oder innerhalb der Gesellschaft, dem erreichten neuen Konsumniveau, den Grenzen in der Produktion oder der Geldökonomie, der Energie- und Rohstoffressourcen, Grenzen der Natur oder, oder …??
Das ist ein ziemlich widersprüchliches Geflecht. Warum ist die Bewegung ab dem 11.4.68 totgelaufen? Weil sie versucht hat, dieses Wirrwarr auf ein Feindschaftsverhältnis zu reduzieren.

Zur Plattform von Google: Hier ist es die gleiche Problematik wie bei Aldi, einfach zu handhaben, aber im Sog eines Monopols. Bei meinem Blog geht es neben der Abfuhr von Wut eher um Selbstreflexion als darum, auf andere Einfluss zu nehmen. Oder eher um eine Aufforderung mitzudenken, als um Bestätigung von Übereinstimmungen. Eine freie, offene und nicht polemische Diskussion ist schwierig.
Die gegebene Ohnmacht kann auch die Basis eines neuen Denkens sein. Soll sich wirklich etwas ändern – etwas sehr utopisches – müssen die Bedingungen überlegt werden, worauf es ankommt, wo die Fundamente, oder Quellen, die Wurzeln einer sozialistischen Gesellschaft sind.
Parteibildung, Lagerbildung ist schon deswegen problematisch, weil ich genauso wie andere – nimmt man etwa den berühmten „proletarischen Menschen“ (ein „Begriff“ von 67/68) – ein widersprüchliches Wesen bin. Und das ist zunächst jenseits von Gut und Böse zu denken, oder irgendeinem Lager, diesem Begriff aus der Militärsprache.

Die Neue Linke ist als Praxis gescheitert und muss neu durchdacht werden. Zentraler Mangel war ihre Bindung an die Mittelschicht. Falsch wäre eine Fixierung auf: Ausgrenzungen und Eingrenzungen, sei es Partei, (Anti-)Parlamentarismus, Gewerkschaft, linke Subkultur, linke Philosophie, linke Milieus usw. anstelle eines vernünftigen Diskussion aller mit allen. Ohne eine Einheit der Gegensätze geht es nicht, sie muss nur immer neu gefunden werden. (Reinecke dagegen will, wenn er die Staatsskepsis streichen will, die Dialektik stillstellen).

Aber ich werde mich interessieren, was bei blogsport.com läuft.

12.4.08

STAAT und DUTSCHKE

In der Taz schreibt Stefan Reinecke - dessen klare Schreibweise ich schätze - eine Kritik der antiautoritären Linken um Dutschke.
„Komplett auf den Müllhaufen der Geschichte gehört die Staatsskepsis“.“Wer dauerhaft sozialen Ausgleich und demokratische Verlässlichkeit will, kommt um Institutionen nicht herum“. Das sagt er zu Dutschke, der in einer rhetorischen Phrase, den „langen Marsch durch die Institutionen“ gefordert hatte. Gegen den Staat, so Reinecke, sind die (Neo-)Liberalen, die globalisierten Ausbeuter. Der Staat ist kein Obrigkeitsstaat mehr.
Ok – der Staat ist „Sozialstaat“, als er doch viele am Leben hält, die sonst in ihrer gesellschaftlichen Trostlosigkeit absaufen und vollkommen verwahrlosen würden. Darüberhinaus übt er sich in antifaschistischer Rhetorik (wie kürzlich im Bundestag anlässlich des Ermächtigungsgesetzes), und segnet die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse mit einem Anschein von Rechtmäßigkeit ab. Um diesen Anschein zu erhalten, geht er einige Kompromisse ein, kann diese aber im Konfliktfall auch leicht wieder aufgeben. Nur ein naiv Gläubiger kann sagen, dass der „Rechtsstaat“ im Grunde aus mehr als darin besteht, Verlässlichkeit und Gewohnheit zu garantieren. Zum Wesen des Rechts gehört die demokratische Kontrolle der Produktionsverhältnisse. Wie soll das hier funktionieren, wo Demokratie im Rederecht und Medienprivileg der herrschenden bürgerlichen Elite besteht? Der Staat ist nichts anderes als die Spielwiese der kapitalopportunistischen Mittelklasse, ihre Medium der Bereicherung, ein Theater der freien Rede angesichts der Diktatur in den Institutionen. Recht beschränkt sich auf minimale Schutzrechte, etwa körperliche Unversehrtheit. Aber auch die können durch Arbeitsverhältnisse, Umweltpolitik, Erziehung usw. leicht außer Kraft gesetzt werden. Gesund ist, was Geld bringt.
„Die Linke muss den Staat und auch supranationale Institutionen nutzen, um der blinden Macht des Marktes Gerechtigkeitspolitik abzutrotzen.“ – Heißt das, dass wir jetzt den Energieverbrauch auf 2 to CO2/Jahr/Person reduzieren, dass wir faire Preise für Rohstoffe und Waren zahlen? Natürlich nicht. Dieses Staatsmodell ist nur eine Lüge, mit der die Mittelklasse notwendige Konflikte vermeiden und sich seine Privilegien sichern kann.

Sicher – Reinecke hat in einer Kritik an Dutschke recht. Dutschke personifizierte ein religiöses Charisma; man denke nur an die Rhetorik einer machbaren Geschichte. Aber auch das gehört zum Sozialismus. Die Differenz zu früher liegt nur darin, dass wir an dieser Utopie als einzig richtiger festhalten und gleichzeitig mit Trauer und Verzweiflung wissen, dass es wohl nicht mehr möglich sein wird.
Reinecke spricht vom „blauäugige(n) Vertrauen in Selbstorganisationskräfte der Massen“. Ja – das ist dasselbe Paradoxon. Die Spontaneität der Menschen, ihre demokratische Selbstorganisation bedarf der institutionellen Voraussetzungen, der Aussicht auf Realisierbarkeit, die eben durch diese Institutionen verhindert wird.
Recht und Gerechtigkeit organisieren sich derzeit jenseits des Staats.

11.4.08

ROMAN HERZOG: PLÜNDERER

Einer, der das Zigfache eines Durchschnittsrentners erhält, erlaubt sich die Rentenerhöhung von 1,1% - de facto im Laufe der letzten Jahre durch Inflation eine Senkung um rund 10 % - eine “Ausplünderung“ der Jungen durch die Alten zu nennen. Also einer der Chefplünderer.
Keine Plünderung ist die neoliberale Reform, von ihm in seiner Ruckrede angefordert, die eine Rentenbeitragserhöhung durch Riester um 4 % bedeutet, 2% Entlastung der Arbeitgeber. Arbeit soll billig sein, ist die Devise der Plünderer.
Dieser Typ aus dem Milieu der Befürworter des Ermächtigungsgesetzes, Assistent des Nazijuristen Maunz, machte sich populär, als er von der „Kuschelpädagogik“ redete, diesen misslungenen Versuchen, Menschlichkeit in die Schule zu bringen. Erfolgreich stiefeln jetzt die Produkte der Herzogschen Antikuschelpädagogik durch die Lande. Man versteht sich.
Sein Demokratieverständnis offenbarte er nach den Wahlerfolgen der Linken: Wahlrecht ändern! Jawoll, Herr Herzog!
George Orwell stellt in seiner Animal Farm die Plünderer als Schweine dar. - Welche Beleidigung für Tiere, die für das Wohlergehen der Menschen millionenfach den Opfertod von Jesus wiederholen müssen.

Der größte Skandal an den Äußerungen von Herzog ist aber das kommentarlose Schweigen der Presse. Da ist keiner, der ihm endlich das Maul stopft.

9.4.08

KONSUMKOTZMASCHINE

Ich träume, wie ich an einer Maschine arbeite, auf deren Band die vollgefüllten Teller gestellt werden. Sie spuckt alles wieder kleingehäckselt wieder aus. Es stinkt nach Kotze.

Eine Maschine, die die konsumierenden Menschen überflüssig macht. Wichtig ist aber, dass diese Maschine noch von Menschen bedient wird. Ohne Ausbeutung lebendiger Arbeitskraft kein Mehrwert und kein Profit. Die Konsumkotzmaschine würde die Suche nach Komapatienten, die jahrelang mit Astronautennahrung dahingepflegt werden, überflüssig machen. Aber wer bezahlt die Maschine? Man könnte folgende Lösung finden: die Angehörigen eines medizinisch gut versorgten Komapatienten bekommen die Erlaubnis zum Sterben ihres Angehörigen unter der Bedingung einer Zahlung.

Oder anders: Es wird durch neue Maschinerie zuviel produziert – Überakkumulationskrise! Wer frisst den ganzen Dreck? Also: eine Konsummaschine. Wer zahlt sie? Die, die die restlichen Lebensmittel konsumieren.

Oder ein Kapitalismus ohne Kapitalisten. Da die Klasse fehlt, die den Mehrwert aufbraucht, verfrisst usw., muss diese Arbeit von einer Maschine übernommen werden.

Eine philosophische Interpretation: ein Großteil des konsumierenden Lebens könnte auch von einer Maschine übernommen werden. Oder die, die ihren Lebenssinn aus dem Konsumieren von Waren beziehen, ihr Leben ist so leer wie eine Maschine. Ihren Lebenssinn füllen sie mit dem Besitz von Dingen. Dinge, die sie in Kotze verwandeln. Die großen Taktgeber der Medien führen ihnen vor, was sie zu haben haben. Sie konsumieren mit anderem auf dem Level von Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zur menschlichen Spezies über den Besitz der zu habenden Waren. Wie eine Konsumkotzmaschine funktionieren zu können, definiert ihren Lebenssinn. Die durch einen Tauschwert gesellschaftlich objektiv gewordenen Waren vermitteln dem Konsumenten den Anschein gesellschaftlicher Werthaftigkeit. Damit auch Austauschbarkeit und Identitätslosigkeit. Wesen ohne Seele: Maschine.

Der Geruch oder Gestank? Obwohl an sich körpereigen stößt die Kotze doch ab. Und ist gleichzeitig eine biologische Aufforderung, selber zu kotzen. Die Maschine nimmt damit einen lebendigen, mehr noch unangenehm kollegialen und menschlichen Charakter an. Auch bei Kindern kann man diese Gerüche kennenlernen.

Meine eigene Arbeit steht in diesem Kreislauf von Rein und Raus. Teils stehe ich vor, teils hinter der Maschine.

7.4.08

LINKS GELÖSCHT

Zuerst die „Junge Welt“. – Was hier an Blödsinn über Mugabe und Tsvangirai geschrieben wurde, zeigt, dass hier immer noch die alten Kämpfer am Werk sind: alte Konfrontationen ohne Rücksicht auf menschliche Werte und Rechte, eben Stalinismus. Es gibt zwar gewichtige Argumente gegen Tsvangirai – etwa ein fehlendes Programm, das die Autonomie wiederherstellt ohne die alten kolonialen Wirtschaftsstrukturen wiederzubeleben – aber ihn nur als Agenten von Großbritannien darzustellen, ist destruktive und dümmliche Polemik. Offensichtlich sind die faschistischen Beerhallveteranen, die sich jetzt wieder breit machen wollen, ihre politischen Anverwandten.
Dann der SpiegelOnline. Bedauerlicherweise werde ich damit auf einigen politischen Klatsch verzichten müssen; vor allem werde ich nun nicht mehr sehen können, wie die Gehirnreste der deutschen „Intelligentsia“ mit neoliberalen Ressentiments blödgeknetet werden, dem Ethnozentrismus der Erfolgreichen. Dafür brauche ich mich über die Ersetzung von Diskussion und Argumentation durch polemische Anmache nicht mehr zu ärgern.
Aber klinkt man sich da nicht auf wichtigen „Diskussionszusammenhängen“ aus und begibt sich ins Sektierertum?
Warum soll man aber immer auf die halblinke Intelligentsia, bzw. auf die lautstärkste Fraktion des Bürgertums starren?
Man sieht, dass man bewusst oder unbewusst großen Respekt vor dieser Medienmacht hat. Dagegen helfen all die guten Argumente nicht, die man sich als politisch-philosophischer Heimwerker mühsam zusammenbastelt. Denn sie haben ja Kapital und Macht und damit in der Hand, was „Realität“ ist.
Manchmal oder oft, wenn ich an linke Ohnmacht denke, fällt mir nur die Vision ein, wie alles zusammenbricht, Bilder wie in manchen von Romanen Doris Lessing.
Aber das ist zu kurz gedacht. Wo immer es Elemente von Krisenhaftigkeit gibt, etwa Finanzsystem, Energie, gesellschaftliche Moral, internationale Beziehungen, gibt es doch für den Kapitalismus ein enormes Reservoir an Lösungsmöglichkeiten, die gerade durch die Krise seine immanenten Methoden unterstützen und ihn sogar noch expandieren lassen. Das wären Wissenschaft, Technik, bürgerliche Medien, die Macht der Gewohnheit, der Individualismus der Menschen, die individuelle Bedürftigkeit und Not.
Dagegen wirken unsere Konzepte von: Diskurs, gesellschaftlicher Gerechtigkeit, Gemeinschaft, Priorität von Beziehungen vor Individualität, die Selbstverständigung der menschlichen Seele durch ihre Entfaltung in der Kunst, Weg nach innen und außen statt Besitznahme von möglichst vielen Dingen – als veraltet, „romantisch“. Und noch viele andere abschätzige Formeln ließen sich finden.
Manchmal denke ich an militante Aktionen. Sie würden die Gefühle von vielen – voll Wut über die tägliche Diskriminierung, Ohnmacht – ausdrücken, aber doch nichts Neues bringen.
Manchmal denke ich, die Menschheit muss erst am Abgrund angelangt sein, um sich bewusst zu werden, was sie alles verpasst hat. Das ist dann der einzige wahre revolutionäre Moment. Die Erkenntnis kommt dann aber zu spät.

In einem
Blog lese ich ein Gedicht dieser etwas katholisierenden Chr. Busta:

"Ich glaube, daß jeder Mensch
mit einer unerfüllten Sehnsucht
von dieser Erde scheidet.
Aber ich glaube auch,
daß die Treue zu dieser Sehnsucht
die Erfüllung unseres Lebens ist."