18.6.07

KONTAKTPROBLEME

Ich will einen Kollegen zum Mittagessen einladen, den einzigen mit dem ich mich gut verstehe. Er hat drei Söhne. Einer davon hat vor, in England zu studieren. Später will er bei der UN arbeiten. Er hat schon neben mir am Band gearbeitet. Nur kurz. Kam mir dabei ziemlich arrogant vor. Hinterließ das Gefühl, dass er mit Arbeitern nichts zu tun haben will. Seine Leistungen in der Schule geben ihm das Recht, weit über diese Realität hinaus zu denken. Er lernt intensiv, konzentriert und ohne Probleme – vorwiegend nachts.
Als ich jetzt seinen Vater einlade, kommt er am nächsten Tag damit, dass er Besuch habe. Ich lade ihn für den nächsten Sonntag ein. Er muss seine Frau fragen. Da ist dann eine Hochzeit… Jetzt habe ich das gleiche Gefühl wie bei seinem Sohn. Dass er in einer Welt lebt, in der er die anderen verachtet. Und in die er sich nach den Kontroversen mit den Kollegen zurückgezogen hat. Vielleicht verachtet er alle Leute von diesem Kontinent.

(Eine Hypothese: Der Schwerpunkt des Lebens liegt nicht in der Arbeit, sondern im Privatleben, bestenfalls in dem bei der Arbeit organisierten Privatleben. Allerdings wird der Radius und Horizont des Privatlebens durch die Art der Arbeit präformiert. Die Beziehungen außerhalb der Arbeit konzentrieren das Bedürfnis nach Solidarität auf sich. In der Familie ist man nicht ersetzbar, sondern wie auch immer mehr oder weniger anerkanntes Individuum. Bei der Arbeit nur Maschinenteil – und andere die potentielle Konkurrenz.)

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