8.6.07

08.06.07 EIN KOLLEGE

Diese Woche musste ich mit meinem Lieblingskollegen zusammenarbeiten. Emigrant aus einer Nation, für deren Verbrechen er sicher nicht schuld ist. Aber die es mir schwer macht, ihren Angehörigen vorurteilsfrei zu begegnen.
Dieser Kollege hat gleich am Anfang meines Jobs seine Kreditibilität bei mir dadurch ruiniert, dass er mir gegenüber den Chef „markiert“ hat, das Band durchsausen ließ, die Teile auf dem Boden landeten und ich sie aufzusammeln hatte. Begründet hat er das damit, dass der Chef es genauso mache. – Gut, ich war sauer und habe mein Verhältnis zu ihm auf kleinste Flamme gedreht.
In der Zwischenzeit habe ich dann entdeckt, wie dieser Kollege einen Behinderten malträtiert, ganz im Stil seiner Nation, wie er vor dem Chef kriecht, bei der Arbeit aber ein Chaot ohnegleichen ist, weil ihm die Dinge zu kompliziert sind, alles durcheinander bringt, verschwindet, wenn Probleme auftauchen. Aber immer wieder Gewaltausbrüche, Wagen, die herumgestoßen werden. Dann werden seine Arme zu Gorillaschaufeln, fangen an zu kreiseln wie ein Karussell und er beginnt mit dem Hintern zu schwänzeln.
Einiges an ihm ist nicht sauber. Die Fassade ist zu durchsichtig, keiner nimmt ihn richtig ernst. Ich weiß mit ihm, dem Lottokönig, nichts zu reden. Eher tut er mir leid.
Aber auch diese Woche habe ich es nicht geschafft, mit ihm was zu sprechen. Die Vorarbeiterin macht immer den Mix, der uns zusammenführt. Wenn er wie gewöhnlich ein, zwei Stunden vor mir aufhört, verschwindet er kommentar- und grußlos. Das Einzige, was ich ihn immer gerne fragen würde, ist, wann er denn heute aufhört. Auf diesen Punkt warte ich die ganze Zeit. Schon wegen der Maschinen, die bei ihm bis zu doppelt so lang laufen als sie müssten. Verschwindet er, räume ich erst mal die angefangenen Jobs auf. Wo er arbeitet, hinterlässt er Chaos.

Warum schreib ich das?
Einmal, weil ich ehrlich sein will. Ich beschreibe einen miesen Typ, aber andererseits ist auch klar, dass ich mich selber mies verhalte.
Zum anderen fällt es mir natürlich schwer, darüber zu schreiben, weil ein solcher Mensch, vom Charakter ein bösartiger und unberechenbarer Untertan, keine Hoffnung zulässt, dass auf dieser Ebene sich was ändert.

Bei meinen Erfahrungen mit meinen Kollegen mache ich ein Experiment, wo ich Teil dieser "kapitalistischen Maschine" werde, kapitalistisch denke und fühle. Manchmal fühle ich mich so hineingezogen, wie Charlie in die Maschine von Modern Times. Ich weiß keinen Ausweg – sieht man von meinen aussichtslosen Bildungsreformideen ab –, aber um weiterdenken zu können, muss man sich auf diese Erfahrung einlassen.

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