18.6.07

18.06.07 DER ARBEITSLOSE NACHBAR

Ein Nachbar war arbeitslos. Er zog sich zurück. Machte kaum mehr was. Nichts im Garten, nichts am Auto. Zu Routinegängen, etwa samstags um 8 zum Einkaufen, reichte es noch. Das Grüßen war kaum mehr vernehmlich, oft drehte er sich weg. Er nahm kräftig zu. Dabei gehörte er eher zu den Stammtischtypen, zu einem Verein. Solchen, die über Arbeitslose nur lästern. Koalitionen in der Straße mit ihm lösten sich auf.
Dann initiierte er eine Straßenversammlung. Es wurden einige Probleme und Projekte besprochen. Um diese Zeit begann er stundenweise zu arbeiten, dann ganztägig. Man sieht ihn ab und zu wieder draußen arbeiten. Aber er ist aber nicht mehr so präsent wie früher.

Ausgerechnet dann, wenn die Menschen am meisten Zeit haben, ihre Projekte zu machen, sich zu entwickeln, etwas zu unternehmen – in der Arbeitslosigkeit – sind sie dazu am wenigsten dazu in der Lage. Wahrscheinlich sind sie die meiste Zeit damit beschäftigt, die seelischen Wunden zu lecken, die ihnen die Arbeitslosigkeit zugefügt hat. Ein körperlicher Verfall wird beschleunigt. Der Körper saugt die Erfahrung auf, dass er nicht gebraucht wird und passt seine Organe daran an. Die nicht äußerbare Wut wird gegen sich selbst gerichtet. Bei denen umso mehr, deren einziger Stolz und Machtmittel die Arbeit war.

Keine Kommentare: