Wenn Freundschaften auseinandergehen, stellt sich für die zwei immer die Frage, woran sie zerbrochen ist und wer daran die Schuld hat. In meinem Fall waren es zwei Freundschaften. Die erste zwischen 15 und 20, die zweite so von 22 bis 25. Übrig geblieben davon sind bei mir ein Gefühl von Hass und Verachtung, aber noch mehr die Erfahrung, durch Sozialisations- und Charakterfehler zu den unbeliebten Menschen zu gehören. In meiner Interpretation lagen die Streitpunkte in der Klassendifferenz. Nicht dass ich Arbeiter war und sie bürgerlich – denn tatsächlich waren wir ja von Schule, Ausbildung mehr oder weniger gleich. Aber Vergangenheit und Zukunft unterschieden sich doch beträchtlich. Der Erste war Sohn eines CDU-Beamten, der andere der Sohn des Direktors eines Gymnasiums. Es waren die stürmischen Jahre von 65 bis 75. Übliche pubertäre Desorientierung, idealistische Anfälle, Opposition bei ihnen. Im Unterschied zu mir hatte ihr Ausbruchsversuch keine Basis. Während ich mir mein Studium durch Arbeit finanzieren musste, konnten sie mit elterlicher Unterstützung, Hochbegabtenstipendium … ein leichteres, wenn auch erfahrungsirrelevanteres Leben führen.Die Freundschaft mit dem ersten zerbrach nach meinen -etwas dümmlichen - Attacken auf die geliebten Wortspiele von Kierkegaard. Ein „Bekenntnis“ zu Gott war die Reaktion. Er hat sich in den Diskussionen nach 68 nach rechts orientiert, bedingt wahrscheinlich auch durch eine „Linke“, die ohne eigentlich sozialistisches Projekt, gegenüber anderen sich nur bürgerlich konkurrierend verhalten hat, deswegen auch so attraktiv für das jugendliche Bürgertum. Am Ende wurde er dann Richter in Karlsruhe, wahrscheinlich immer mit dabei, wenn es um die Exekution von Berufsverboten ging. Letzter bekannter Fall ein Urteil, ein Berufsverbot gegenüber einem Glatzköpfigen aus der Roten Hilfe, dieser staatsverliebten Antifafraktion. Das Urteil ein grauenhafter Stacheldraht aus jurisdiktierter Staatsideologie. Besser wäre gewesen, die Intention des Klägers, in der Schule sinnvolle demokratische Arbeit leisten zu können, in Frage zu stellen. – Immerhin wurde das Urteil dann von einer anderen Kammer wieder aufgehoben, was mich weniger für den Berufsverbotenen freut - denn jeder Lehrer ist ein Zulieferer des Kapitalismus, es sei denn er scheitert – als für diesen Richter, der sich als übereifriger Subalterner blamiert hat.Mit diesem Freund habe ich jugendliche Entwicklung geteilt, wo wir unsere Erfahrungen der Kindheit zu verarbeiten versucht haben. Diese Erfahrungen, wie die wohl der meisten Kinder, bestanden aus Zurechtweisungen, Schlägen, Demütigungen, Erfahrungen von Fehlerhaftigkeit und Ungenügen, sexueller Frustration und Blamage, Predigten von Ideologie verbunden mit Missachtung von Menschen. Für die Autoritäten, die uns umgaben, waren wir nur Gegenstand der Verachtung. Um uns davon abzugrenzen und eigenes Selbstbewusstsein zu entwickeln, sogen wir alle die neuen Strömungen der 60er auf: die Hippiebewegung in den USA, die Kirchenkritik eines Amery und Hochhuth, den Jazz, die neue Musik, die neuen Philosophien, alles was uns von den Alten abgrenzte und eine Basis gab, sie zu bekämpfen. Ich, der ich durch die scharfen Erziehungsprinzipien meines Vaters gelernt hatte, konsequent zu denken und mich den Ansprüchen der Autoritäten zu verweigern, ging rigide weiter als dieser Freund, der immer wieder das Gespräch und die Patronage dieser Chefs suchte, um dann als Richter ganz in diese geliebten Öffnung hineingekrochen zu sein. Er hat ein Studium gebraucht, um das für sich zu begründen.Der Zweite ist heute Zuträger eines protestantischen Bischofs, aktiv im Konfirmandenunterricht, der Pfarrersausbildung, banale kirchliche Sendungen im öffentlichen Rundfunk, die es mit der Welt nicht mehr aufnehmen, nur noch den Rückzug in die gottesgetröstete private Geborgenheit propagieren. Zwar gibt es vielleicht nur noch diese Möglichkeit, aber es ist eine Niederlage, letzte Überlebensmöglichkeit, ganz und gar nicht zu predigen und zu rechtfertigen. Wenn dann ein Tsunami, die ultimative Weltbarbarei nach dem Ende der Rohstoffe kommt und auch das noch zerstört, dürfen wir uns wieder trösten, denn Gott leidet ja mit uns.Der Gott, der den Tsunami veranlasste, so dass die Menschen zu Hunderttausenden vom Meer als Leichen ausgespuckt wurden, er kennt kein Mitleid. Welchen verzerrten Begriff des Guten mag jemand haben, der an die Erlösung der Welt durch einen sich opfernden Jesus glaubt. Der gnädige Gott, der den Geruch von Blut mag.Da redet einer von Mitleid, der es lustig fand, wie ich in einer Demo von prügelnden Polizisten eingekesselt - die neben mir drückten in Panik ein Schaufenster ein - meine Angst im Darm spürte. Solchen Erfahrungen aus dem Weg gehend gab er Mottos wie „Revolution ist kein Deckchensticken“ von sich, und: „Kampf der Lohnarbeit“, - was heißt: lass die blöden Arbeiter arbeiten. Heute redet er von den „Schweineställen dieser Welt“, wo er gewesen sein mag – aber sicher nicht als Schweineknecht. Seine Lustigkeit verstand ich damals nicht, heute schon: als die instinktive Identifikation mit den Herrschenden.Jetzt lebt er in einer Welt der schönen Worte, Bibelzitate und netten Geschichten. Wiederholt man sie nur oft genug, senkt sich das in die kindliche Seele, verströmt Urvertrauen und macht die Welt gut. - Sancta Simplicitas. Mich wundert es nicht, dass er sich für die Welt der Arbeit nie interessiert hat. Das Essen beschert uns der Herr Jesus, das Geld dafür kommt von Papa, Vater Staat oder dem lieben Gott. Das Böse ist bös. Die Beschäftigung mit der schmutzigen und widerständigen Wirklichkeit in Arbeit wird ausgeschaltet und durch schönes Geschwätz ersetzt, mit dem Bild des guten Gottes auf eine Abhängigkeitsgesellschaft eingestimmt, kritischer Verstand, die authentische Wahrnehmung durch Bibelzitate ersetzt.Der Arbeitergott, den ich anbetete, war notorisch missgelaunt, wenig idealistisch und gar nicht an schönen Sprüchen orientiert, dressiert auf das Wenige, was man ihm gelassen hat. Meinen Freunden war diese Welt fremd und ohne Herausforderung – eben unten. Der spätere Pastor hatte eine Theorie entwickelt, dass man Lohnarbeit zu verweigern hätte und hatte es tatsächlich geschafft, sich ohne eigene Arbeit, nur mit Hochbegabtenstipendium – Vater war ja Direktor seines Gymnasiums - und guten Gaben anderer Auto, Aufenthalte in der Schweiz und Italien zu finanzieren. Ich habe ihn bewundert – blöd wie die Proleten eben sind – aber es war dann nicht mein Weg. Mein Kopf ließ eine Versöhnung mit dem bürgerlichen Leben nicht zu, es hat mich auch niemand dazu eingeladen.Ohne Freunde zu leben hat zwei Seiten. Der Vorteil liegt in einer größeren Klarheit des Denkens, denn Wahrhaftigkeit und Freundschaft vertragen sich in der Regel nicht. Der Nachteil ist die Vereinzelung, einerseits zur politischen Bedeutungslosigkeit und miserablen Schwäche führend, andererseits auch in Launen, Sektierertum, Größenwahn, Menschenfeindlichkeit und Unerträglichkeit endend. Das Gefühl, abgelehnt, verachtet zu werden, dominiert und vergällt das Leben und macht es letzten Endes unproduktiv. Da ich mit niemand an diesem Projekt der Emanzipation der Arbeiterklasse[polytechnische Ausbildung, um mit „mittlerer Technologie“ autonom und in demokratischen Formen arbeiten zu können]produktiv zusammenarbeiten konnte, habe ich mein Leben notwendigerweise unproduktiv und in Negation verbracht.Zwar war das Projekt der „Education with Production“ in Zimbabwe ein Versuch, aber es wurde dann sabotiert durch: unsere Unbedarftheit an technischem Wissen, einem Mangel an Diskussion über Weg und Methode, die bürgerlichen Verhaltensweisen der Gruppe: solche, die nur Geld kassieren wollten, andere, die Diskussionen verweigerten und ihre eigenen Wege gehen wollten. Am Schluss ist es auch an dem Desinteresse der Schwarzen gescheitert, wie überhaupt von der Dritten Welt keine sozialistische emanzipatorische Bewegung zu erwarten ist, sondern Politik nur als Methode der privaten Bereicherung. Die wahren Demokraten dort verhungern, die Korrupten und Skrupellosen, die all diese schönen Phrasen von sich geben, überleben.Auch ich ging dann mit meiner Frau eigene Wege und widmete mich der Familienarbeit – diese biologische Uhr hat in uns allen getickt, dominanter als politisches Bewusstsein.Ich schließe damit den Blog ab. Überlegungen etwas anderer Art führe ich weiter in „Risse“.Vielleicht noch Überlegungen zur Zukunft der Arbeiterklasse.
MÄNNLICHER FEMINISMUS
Einer, mit dem ich mal Einiges zu tun hatte, ist heute Anwalt für Anliegen von Frauen gegen Männer. In der Justiz ist er aktiv auf der Seite der Frauen gegen die sie enttäuschenden Männer. Entzieht ihnen das Sorgerecht, macht sie alimentationspflichtig usw. - Ist eine solche Position des männlichen Feminismus glaubwürdig?
Die Frage nach der Glaubwürdigkeit scheint ungerechtfertigte Verdächtigungen zu implizieren. Warum sollte es für einen Mann nicht einfach richtig und gerecht sein, die Sache der Frauen zu verteidigen und juristisch zu unterstützen? Ist es nicht Neid oder Machismo, der diese Unterstellungen begünstigt?
Was aber in seinem Fall sein Engagement zweifelhaft macht, ist die Starrheit und Feindseligkeit der Argumente im Kampf gegen das eigene Geschlecht. Er wirkt so unglaubwürdig wie ein Mann, der eine Frau spielen will.
Zunächst errinert er an die Psychoanalyse des hysterophilen Mannes mit Rettungsfantasien. Dieser macht sich die Sache einer Frau zu Eigen und unterstützt deren Anliegen bis zur Selbstverleugnung. Ursache ist auch hier wie üblich der Ödipuskomplex: die (sexuelle) Beziehung der Eltern wird als Kampf und Gewaltakt erlebt, bei der Mutter Schmerzen angetan werden. Schmerzen, für die sich der mit seiner Mutter verbundene Junge schuldig fühlt und deswegen Fantasien ausbildet, Retter und Ritter der unterdrückten, bedrängten und unglücklichen Frauen zu werden. Häufiges Korrelat dieser Rettungsfantasien sind sadistische Impulse gegenüber dem weiblichen Geschlecht, deren Genese wohl spezifische Gründe hat. Oft auch übernimmt dieser Mann mütterliche Funktionen gegenüber einer Frau.
Soweit eine primitivpsychoanalytische Erklärung a la Kuipers Neurosenlehre. Im Falle dieses Anwalts kommt wohl aber eine andere hinzu. – Das Akzeptieren der eigenen Männlichkeit ist problematisch. Einmal gibt es kein positives Rollenmodell mehr. Was früher männlich galt, zerfällt heute in anzweifelbare Eigenschaften: Überlegenheit, physische Stärke, Aggressivität, Willenstärke. Sie sind einem sensiblen Individuum, das sie ausübt, äußerlich geworden und repräsentieren es nur noch in einer fragwürdigen und unvollständigen Form.
Nimmt man etwa den Fall (s)einer auf Grund politischer Umstände zerbrochenen Familie: Vater im Ausland, die Mutter mit den Kindern in einer vollkommen neuen Umwelt. Der Vater wird für die Kinder zum Feind und sie werden Partei für ihre Mutter ergreifen - gegen alle Gefühle und Kantaktbedürfnisse, die sie gegenüber dem Vater empfinden mögen. Die sich daraus ergebende Idealisierung des Weiblichen soll diese gleichgeschlechtlichen Empfindungen unterdrücken. Nichtsdestoweniger bleibt die verdrängte Androgynität im Körper – zum Glück, denn sie macht uns verliebt, bringt Glanz, Leichtigkeit ins Leben, erlaubt die Regression auf unbefangene Kindlichkeit und Beziehung zu einer anderen Welt.
Als ich ihn im Gymnasium kennenlernte, war ich – vielleicht mehr als andere – ständig verliebt in Mädchen, voll Bewunderung für diese schönen Wesen, unglücklich darüber, sie nicht haben zu können. Obwohl wir nie darüber gesprochen haben, war das schöne Mädchen vielleicht ein gemeinsames Ideal. Er hatte damals schon eine Freundin, war motorisiert, mir in Männlichkeit nicht nur die vier Lebensjahre, sondern rollenmäßig Jahrzehnte voraus. Seine Männlichkeit äußerte sich mir gegenüber als Fürsorglichkeit – ein Beziehungsmuster, in das ich von Kind an bei Freunden geriet. Aber da waren auch Gemeinsamkeiten von Interessen für Musik bis Politik und Literatur, Themen einer platonischen Männlichkeit. Einer Männlichkeit, die sich aus dem unmittelbar Agieren des Bang-Boom-Bang in den passiven Bereich des Wahrnehmens, Empfindens und Reflektierens zurückzieht; konträr zu dem Verhalten, das bei den idealisierten Mädchen gefordert war: Action, Überzeugen, Überreden, Führen, möglichst motorisiert.
Die Frage nach der Glaubwürdigkeit scheint ungerechtfertigte Verdächtigungen zu implizieren. Warum sollte es für einen Mann nicht einfach richtig und gerecht sein, die Sache der Frauen zu verteidigen und juristisch zu unterstützen? Ist es nicht Neid oder Machismo, der diese Unterstellungen begünstigt?
Was aber in seinem Fall sein Engagement zweifelhaft macht, ist die Starrheit und Feindseligkeit der Argumente im Kampf gegen das eigene Geschlecht. Er wirkt so unglaubwürdig wie ein Mann, der eine Frau spielen will.
Zunächst errinert er an die Psychoanalyse des hysterophilen Mannes mit Rettungsfantasien. Dieser macht sich die Sache einer Frau zu Eigen und unterstützt deren Anliegen bis zur Selbstverleugnung. Ursache ist auch hier wie üblich der Ödipuskomplex: die (sexuelle) Beziehung der Eltern wird als Kampf und Gewaltakt erlebt, bei der Mutter Schmerzen angetan werden. Schmerzen, für die sich der mit seiner Mutter verbundene Junge schuldig fühlt und deswegen Fantasien ausbildet, Retter und Ritter der unterdrückten, bedrängten und unglücklichen Frauen zu werden. Häufiges Korrelat dieser Rettungsfantasien sind sadistische Impulse gegenüber dem weiblichen Geschlecht, deren Genese wohl spezifische Gründe hat. Oft auch übernimmt dieser Mann mütterliche Funktionen gegenüber einer Frau.
Soweit eine primitivpsychoanalytische Erklärung a la Kuipers Neurosenlehre. Im Falle dieses Anwalts kommt wohl aber eine andere hinzu. – Das Akzeptieren der eigenen Männlichkeit ist problematisch. Einmal gibt es kein positives Rollenmodell mehr. Was früher männlich galt, zerfällt heute in anzweifelbare Eigenschaften: Überlegenheit, physische Stärke, Aggressivität, Willenstärke. Sie sind einem sensiblen Individuum, das sie ausübt, äußerlich geworden und repräsentieren es nur noch in einer fragwürdigen und unvollständigen Form.
Nimmt man etwa den Fall (s)einer auf Grund politischer Umstände zerbrochenen Familie: Vater im Ausland, die Mutter mit den Kindern in einer vollkommen neuen Umwelt. Der Vater wird für die Kinder zum Feind und sie werden Partei für ihre Mutter ergreifen - gegen alle Gefühle und Kantaktbedürfnisse, die sie gegenüber dem Vater empfinden mögen. Die sich daraus ergebende Idealisierung des Weiblichen soll diese gleichgeschlechtlichen Empfindungen unterdrücken. Nichtsdestoweniger bleibt die verdrängte Androgynität im Körper – zum Glück, denn sie macht uns verliebt, bringt Glanz, Leichtigkeit ins Leben, erlaubt die Regression auf unbefangene Kindlichkeit und Beziehung zu einer anderen Welt.
Als ich ihn im Gymnasium kennenlernte, war ich – vielleicht mehr als andere – ständig verliebt in Mädchen, voll Bewunderung für diese schönen Wesen, unglücklich darüber, sie nicht haben zu können. Obwohl wir nie darüber gesprochen haben, war das schöne Mädchen vielleicht ein gemeinsames Ideal. Er hatte damals schon eine Freundin, war motorisiert, mir in Männlichkeit nicht nur die vier Lebensjahre, sondern rollenmäßig Jahrzehnte voraus. Seine Männlichkeit äußerte sich mir gegenüber als Fürsorglichkeit – ein Beziehungsmuster, in das ich von Kind an bei Freunden geriet. Aber da waren auch Gemeinsamkeiten von Interessen für Musik bis Politik und Literatur, Themen einer platonischen Männlichkeit. Einer Männlichkeit, die sich aus dem unmittelbar Agieren des Bang-Boom-Bang in den passiven Bereich des Wahrnehmens, Empfindens und Reflektierens zurückzieht; konträr zu dem Verhalten, das bei den idealisierten Mädchen gefordert war: Action, Überzeugen, Überreden, Führen, möglichst motorisiert.
Aber auch wenn es nicht das eigentliche Glück war, das er verdient hätte – denn seine Freundin war sehr bodenständig, um sie nicht nur einen diskriminierenden Besen zu nennen, stammte aus dem städtischen Eliteviertel, aus dem noch andere prominente Linke herkommen – so brachte er doch beide Seiten auf die Reihe und als geborener Netzwerkarbeiter, der sich durch Beziehungen und Informationen zentrale Positionen eroberte, stieg er zuerst in der linksradikalen Szene auf, dann in der Uni als Assistent, später über feministische Umwege zum Prof. Sozial nie wirklich identifikationsfähig war er auf individuelle Karriere programmiert – die dafür notwendigen politischen Bekenntnisse blieben ihm äußerlich.
Vor 70 hatte ich ihm noch nötige Literatur und Sprachregelungen geliefert, mit denen er dann in die linke Szene einstieg und einer ihrer Bosse wurde. Später stellte ich mir vor, wie ich ihm die Fresse blutig polierte, nicht nur weil er sich als karrieristisches Schwein geoutet hatte und für seine Position zu jeder Infamie und Verrat fähig war, sondern mehr noch aus Scham, es mit einem solchen Typ zu tun gehabt zu haben.
Doch jede Idealisierung ist auch eine Identifikation. Kommunikation läuft über gemeinsame Standpunkte, Identifikationen. Die Errichtung des Bösen im Draußen entlastet zwar die innere Ambivalenz, aber verarmt sozial. Ein „Aus und Vorbei“ wäre eine Selbstverrat. Das Bessere lässt sich jedoch nicht in Erinnerung behalten ohne die Trauer über seinen Verlust.
Woher seine Härte gegenüber anderen Männer. Sicher, deren Verhalten ist nicht in Ordnung: sie kümmern sich zu wenig um die Kinder, lassen sich von Männerbeziehungen in Arbeit und Freizeit aufsaugen usw. usw. Aber warum macht er es zu seinem Problem? Er, der sich übler durchpowert als andere Männer? Ich nehme an, dass dies seine einzige Möglichkeit ist die Wut gegenüber Frauen zu balancieren, besonders dann, wenn sie überhaupt nicht mehr dem Ideal des schönen jungen Mädchens entsprechen.
Wie ist eine glaubwürdige Männlichkeit möglich? Sicher nicht über die Ausübung der traditionellen Attribute: körperliche Stärke, Überlegenheit, Aktivismus. Auch wenn sich diese durch die soziale Bestätigung und Erwartung undiskutiert einrasten. Die durch die feminine Sozialisation und Kultur negativ bewertete Männlichkeit - denunzierbar etwa als hormongesteuertes Aggressivität - behauptet sich durch Reflexivität, Spiegelzwang bis zur Handlungsunfähigkeit, Ausweichen in die Virtualität - vom Tagträumen bis zur Bewusstseinsindustrie von Film und Computer - als Rückzug und Handlungsverweigerung, aber auch als Diskurs über Gerechtigkeit und Alternativen.
Vielleicht ist Männlichkeit nichts anderes als menschliches Verhalten, das sich dem gegenüber von Frauen durch eine Mehr oder Weniger unterscheidet. Die Stereotypisierungen, die uns täglich unterlaufen müssten natürlich in den Diskurs oder notwendigen Streit eingehen, bevor sie in die Sackgasse von Trennung oder Absonderung einmünden.
Keine Lösung ist es, sich von den negativen Selbstattributionen durch Projektion auf andere „böse“ Männer zu befreien, wie es im Falle des männlichen Feminismus stattfindet.
Vor 70 hatte ich ihm noch nötige Literatur und Sprachregelungen geliefert, mit denen er dann in die linke Szene einstieg und einer ihrer Bosse wurde. Später stellte ich mir vor, wie ich ihm die Fresse blutig polierte, nicht nur weil er sich als karrieristisches Schwein geoutet hatte und für seine Position zu jeder Infamie und Verrat fähig war, sondern mehr noch aus Scham, es mit einem solchen Typ zu tun gehabt zu haben.
Doch jede Idealisierung ist auch eine Identifikation. Kommunikation läuft über gemeinsame Standpunkte, Identifikationen. Die Errichtung des Bösen im Draußen entlastet zwar die innere Ambivalenz, aber verarmt sozial. Ein „Aus und Vorbei“ wäre eine Selbstverrat. Das Bessere lässt sich jedoch nicht in Erinnerung behalten ohne die Trauer über seinen Verlust.
Woher seine Härte gegenüber anderen Männer. Sicher, deren Verhalten ist nicht in Ordnung: sie kümmern sich zu wenig um die Kinder, lassen sich von Männerbeziehungen in Arbeit und Freizeit aufsaugen usw. usw. Aber warum macht er es zu seinem Problem? Er, der sich übler durchpowert als andere Männer? Ich nehme an, dass dies seine einzige Möglichkeit ist die Wut gegenüber Frauen zu balancieren, besonders dann, wenn sie überhaupt nicht mehr dem Ideal des schönen jungen Mädchens entsprechen.
Wie ist eine glaubwürdige Männlichkeit möglich? Sicher nicht über die Ausübung der traditionellen Attribute: körperliche Stärke, Überlegenheit, Aktivismus. Auch wenn sich diese durch die soziale Bestätigung und Erwartung undiskutiert einrasten. Die durch die feminine Sozialisation und Kultur negativ bewertete Männlichkeit - denunzierbar etwa als hormongesteuertes Aggressivität - behauptet sich durch Reflexivität, Spiegelzwang bis zur Handlungsunfähigkeit, Ausweichen in die Virtualität - vom Tagträumen bis zur Bewusstseinsindustrie von Film und Computer - als Rückzug und Handlungsverweigerung, aber auch als Diskurs über Gerechtigkeit und Alternativen.
Vielleicht ist Männlichkeit nichts anderes als menschliches Verhalten, das sich dem gegenüber von Frauen durch eine Mehr oder Weniger unterscheidet. Die Stereotypisierungen, die uns täglich unterlaufen müssten natürlich in den Diskurs oder notwendigen Streit eingehen, bevor sie in die Sackgasse von Trennung oder Absonderung einmünden.
Keine Lösung ist es, sich von den negativen Selbstattributionen durch Projektion auf andere „böse“ Männer zu befreien, wie es im Falle des männlichen Feminismus stattfindet.
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