14.5.09

NEGRI: „WE MUST TRY IT“

Negri meint in einem taz-Interview
„Der Gegner heute ist das Kapital in Gestalt des Finanzkapitals …
Das Finanzkapital selbst ist produktives Kapital…
Das Finanzkapital heute repräsentiert den wahren Ausbeuter…“

Weil eben der Wert, Verwertungszwang alle Lebensverhältnisse durchdringe. Eine neue Erkenntnis? ….Resultat der Globalisierung? Biopolitik? oder noch eine andere Phrase?
Finanzkapital produktiv?? Sicher konzentrieren sich da gigantische Mächte, Finanzen ermöglichen produktives Kapital und eine nur auf die Analyse der Produktionsbeziehungen fixierte Analyse erreicht nicht die Bewegungen auf der Ebene von Besitz und Politik. Doch die absoluten Grenze des Finanzkapitals liegt in der Produktivität und Ausbeutbarkeit in der Warenproduktion.

Weiter Negri:
„Erstens ist es nicht mehr die Ausbeutung der Arbeiterklasse, von der die Produktivität abhängt, sondern die Ausbeutung der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit.

Hierzu muss das Kapital, zweitens, Kriterien bestimmen, um den gesellschaftlichen Reichtum erfassen zu können“

Mit welchen Kriterien? - Durch „Börsenbewertungen“!!!!
Entweder ist das miserabel übersetzt oder Negri jongliert hier in dem üblichen barocken Italienisch mit klangvollen Begriffen ohne reale Bedeutung.

Der gesellschaftliche Reichtum soll nicht nur in der Arbeit, sondern

„ebenso in den Universitäten, im Alltag, in den Städten, in allen Äußerungen des Reichtums, den die Sprachen unserer Gesellschaften hervorbringen“

liegen. – „Sprachlicher Reichtum“ …: Sprechblasenreichtum.

Es gibt einen kapitalistischen Reichtum, der sich auf Waren, Wert und die Aneignung menschlicher Arbeit, seien es Dienstleistungen oder produktive Arbeit bezieht.
Und dann gibt es eine andere Art von menschlichen Reichtum - auch wenn der Wert diese zu beherrschen versucht: Kreativität, Empathie, Kultur, Widerstand, Autonomie, Bildung, Verständnis, menschliche Beziehungen unabhängig von der Verwertung – nicht oder nur bedingt käuflich, zu erarbeiten und zu erfahren, nur durch sinnliche und praktische Erfahrungsarbeit zu erwerben.

Die Krise des Kapitalismus liegt nicht darin, wie Negri meint, dass er die zweite Art nicht kontrollieren kann, sondern liegt in der immanenten Grenze der Verwertung, auch wenn die Krise diese Grenze immer wieder nach außen verschiebt. - Freilich wird dabei auch die „Soziobiologie“ des Menschen, also seine inneren autonomen Bedürfnissen, in die Warenwelt eingebunden. So wie der Protest von 68 zur Ware wurde.

Wo liegt die Alternative Negris?
- „globale Bürgerrecht“
- „bedingungsloses Einkommen“
- „Wiederaneignung des Wissens und des Lebens“.
Das ist die Lösung, wie sie im alten Rom mit „panem et circenses“ realisiert wurde. Ein globales Bürgerrecht atomisiert die Gemeinschaft, die zersplitterten Glieder sind total fungibel für die Verwertungsprozesse, das bedingungslose Grundeinkommen ist die Zerstörung jeder produktiven Autonomie, ein Glied der Weltausbeutung. Bestenfalls der sozialdemokratische Konsum- und Sozialarbeiterstaat, wie er immer das Anliegen der italienischen Linken um LC und Potere Operaio, Alquati und anderer war, die wortreich ihren praktischen Sozialdemokratismus revolutionär rotpinselten.
Die Systemfrage der Veränderung zu einer basisdemokratisch organisierten Planwirtschaft wird nicht mehr angedacht.

Die Interviewer versuchen am Ende doch noch irgendwas Sinnvolles aus Negri rauszubekommen, bietet ihm die Begriffe: „Ausschluss“, „Rassismus“, „Populismus“ an – also die alte arbeiter- und arbeitsindifferente Minoritätenpolitik und will ihn auf die individualistische Schiene schieben – und was bekommt er als Antwort? „Widerstand“, „Revolte gegen Erwerbslosigkeit, gegen die Verschuldung“! - Welches Geschwätz. Wir leben im „Übergang“! – „Pragmatismus der Revolution“. Das heißt: so weiterzumachen wie vorher mit revolutionären Sprechblasen im Mund: „We must try it“.

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