26.12.08

WEIHNACHTSFEIER

Jedes Jahr gibt es eine Feier mit Essen und Besichtigung einer anderen Firma im gleichen Bereich. Keine schlechte Idee. Während ich die ersten Jahre gar nicht hinging, das letzte Mal nur kurz blieb, war es diesmal sozusagen das letzte Abendmahl, das ich nicht versäumen konnte. Und ein solches letztes Abendmahl war es dann auch. In der Mitte der Chef, daneben Vorarbeiterin und der Techniker. Ich wie Judas ganz außen. Ausnahmsweise sind heute auch alle Männer da. Sonst waren es nur der Vorarbeiter, der jetzt ja weg ist, und der Schwarze, ein treuer Diener seines Herrn.
Woran es liegt, dass die Männer immer in Opposition zum Chef sind? Einmal liegt es wohl daran, dass die Frauen in der Mehrzahl sind, 70% ausmachen, ihm gegenüber sehr loyal sind, ihn teilweise sogar idealisieren. Dann aber auch an dem arroganten und unkommunikativen Verhalten des Chefs gegenüber den Männern, die ihm gegenüber zwar Konkurrenzverhalten zeigen, aber als relativ unqualifizierte Ausländer nicht das Wasser reichen können. Andererseits steht er schon durch seine Position, für den wirtschaftlichen Ablauf der Abteilung zu sorgen, im Gegensatz zu den „Mit“-Arbeitern. Auch wenn er diese Funktion nur lasch ausfüllt.
Ich komm – einem Radfahrer natürlich verzeihbar – zu spät. Alle sind schon versammelt – fleißige Arbeiter - und ich hab die Wahl mich entweder zum Schwarzen oder zum Neuen zu setzen. Da ich mit dem Schwarzen wegen seiner politischen Naivität und Sklavenmentalität cross bin, setze ich neben den Neuen – und meinen schlimmsten Feinden gegenüber. (Immerhin sorgen sie mit ihrer Faulheit, dass wir anderen immer genug Arbeit haben. Insofern habe ich auch Sympathie für ihr Verhalten.) Meine Versuche, mit dem Neuen zu reden – ich will wissen, was er denn vorher so alles gemacht hat – scheitern. Würde er sich nicht zu einem kleinen Mäuschen von der Logistikabteilung zudrehen, die immer darüber jammert, wie viel mehr sie jedes Jahr arbeiten müsse ….[was, wie ich den Zahlen entnehme, nicht stimmt], ich nicht so interpretiere, dass ich als aussätzig behandelt werde.
Ein richtiges Thema kommt nicht auf. Die Strategie des Abwartens und Schweigens ist die vorherrschende Strategie. Bei der Arbeit sind wir fast nur noch durch den technischen Ablauf miteinander verbunden. Mehr als Zweierkontakte gibt es nicht.
Es holpert sich also durch Getränkebestellung, Essensbestellung, - endlich Salat. Ich habe schon zuhause gegessen (und gekocht) und kann so gesättigt seinen Verzehr genügend in die Länge ziehen. Fotos werden dann herumgereicht, Blätter einer letzten Abschiedsfeier, die mich über die Peinlichkeit des Abends herüberretten: ein Spiel ist angesagt. Irgendeine Tante einer anderen Abteilung, die ich nicht kenne, hat sich etwas ausgedacht. Sie liest einen Text vor. 12 Leute haben sich vor ihr in einer zugewiesenen Rolle auf einen Stuhl zu setzen und immer dann, wenn von ihrer Rolle die Rede ist, aufzustehen und den Stuhl zu umkreisen. Das ist für den Rest des Publikums sehr lustig und wird dankbar belacht. Ich vertiefe mich während der Zeit in ein keltisches Baumhoroskop. Danach verzehr ich – es war das billigste Menü – in kleinen Schnitten und Bissen ein paniertes Schweineschnitzel, glutamatgeschwängert. Schließlich das Dessert, Eis mit ranziger Sahne. Mir ist übel, ich habe Kopfschmerzen.

In mir ein schlechtes Gefühl, wie ich mich so absondere und ich erwarte keine Freundlichkeiten an den nächsten Tagen. Aber seltsamerweise wird es mir großzügig verziehen. Keiner, der zu mir unfreundlicher ist. Ich frage auch nicht nach, wie lange sie noch zusammenhockten – ich will die Sache als Thema abgehakt haben. Was verbindet uns?

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