13.11.07

TÖTEN OHNE TRAUMATISIERUNG

Im SWR gab es eine Sendung über einen in Afghanistan durch ein Attentat traumatisierten Soldaten, der jetzt nicht mehr „arbeitsfähig“ ist. Die Sendung war ein Plädoyer für mehr staatliche Nachsorge für solche Fälle. Merkwürdige Politik dieses Senders: einerseits wird schon kampagnenartig für den Afghanistaneinsatz mobilisiert, andererseits soll für den Kriegsfall ein vom Sozialstaat versichertes Normalleben aufrechterhalten werden. Der von einem katholischen Prälaten kontrollierte Sender, der sich sonst für Besinnung und Besinnlichkeit stark macht, verfolgt hier eine Politik, die den Staatskult und seine tödliche Gewalt nicht in Frage stellt.
Den Krieg zu einem Versicherungsfall zu machen entspricht der gleichen moralisch verkommenen Haltung, mit der Soldaten von der Regierung in den Krieg geschickt werden. Man packt sie sicher ein, umgibt sie mit Panzern, lässt sie mit Flugzeugen über den Ländern jagen und umsorgt sie mit heimischen Sicherheitsdiensten.
Was machen sie eigentlich dort? Ich höre nur immer wieder Verharmlosendes von „Sicherung des zivilen Aufbaus“. Aber die deutsche Armee ist inzwischen längst verstrickt in den Krieg, sogar mit einer
Militäroperation unter deutschem Kommando. Zum Töten und nicht zum Bäumepflanzen wird ja auch die KSK. Die Tornados machen nicht nur hübsche Luftbilder, sondern liefern den „Verbündeten“ Ziele zum Töten. Wie soll auch eine „Sicherung“ ohne militärische Drohung vor sich gehen? Es geht natürlich darum, die Taliban letzten Endes wegzuputzen.
Der in der Sendung mit viel Mitgefühl beschriebene Soldat soll zwar das Recht haben, andere zu töten, aber Angst um das eigene Leben soll nicht aufkommen dürfen. Diese Traumatisierung wäre doch eine erste menschliche Erkenntnis, die uns alle vielleicht weiterbringen könnte. Anscheinend aber ist der Taliban kein uns gleichwertiger Mensch, des Mitgefühls nicht wert, nur zum Töten gut. Die deutsche Politik macht nicht einmal den Umweg über das Böse, den Bush für seine Politik nötig hat. Es ist hier self-evident. Tödliche Feindschaften sind in Deutschland Bestandteil der allgemeinen Sozialisation, ein Problem nur, wenn sie etwa wie gegen Schleyer in die falsche Richtung gehen.
Dieser „traumatisierte“ Soldat entblödet sich nicht, vom Spaß bei seiner Arbeit zu reden, von dem guten Verhältnis zu den anderen Nationen. Gemeint sind dabei: Italiener, Spanier, Niederländer und andere Europäer. Von Afghanen oder Taliban ist keine Rede.

Was soll hier eine Traumatherapie? Verhindern von Flashbacks, die existenzielle Unsicherheit, in die jemand gestürzt wurde, wieder in ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit zurückführen. „Es ist ja alles gut.“

Aber nichts ist gut. Das sollten die Traumatisierten und vor allem die Gesellschaft, die sie vorschiebt, begreifen. Es kann nur gut gemacht werden.
Wie würde eine Friedenstruppe aussehen? Sie würden einmal die Sprache der Menschen dort lernen, sich mit ihrer Kultur beschäftigen, sich im Islam vertiefen. Sie würden die Argumente der Taliban verstehen lernen und aus ihrer Argumentation für den Westen Konsequenzen ziehen. Sie würden sich in Ortschaften abseits von Straßen und die Flüchtlingslager in Pakistan begeben, um dort ihre Anliegen vorzutragen. Es gäbe dort sicher auch nützliche Jobs für sie: in Küchen, Gärtnereien, beim Bau von Toiletten usw. Am Ende hätten alle dazugelernt und wären vielleicht bereit, sich zu verändern, Privilegien aufzugeben.
Stattdessen wird fünfmal soviel in das Militär investiert wie in eine so genannte Entwicklungshilfe, die nur dazu dient, die Entwickler zu bereichern. Sogar Tomaten werden aus Deutschland eingeflogen. Abseits von Kabul sterben täglich 900 Kinder.

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