30.11.07

ALTERSTEILZEIT

Nachdem ich 2003 diesen Job angenommen habe oder annehmen musste, war ich entschieden, meine Arbeitslaufbahn so bald wie möglich zu beenden. Durch Änderung der Gesetzeslage gezwungen, schloss ich bald darauf den Vertrag über Alterteilzeit ab. Jetzt trete ich sie an und werde also in 18 Monaten zu arbeiten aufhören und 18 Monate später in Rente gehen.
Ich gehe damit einen Weg des geringsten Einsatzes. Mit schlechtem Gewissen, wenn auch einigen Argumenten.
Zwar werde ich in der mir verbleibenden darauf folgenden Lebenszeit nicht viel erreichen, vielleicht nicht einmal Sinnvolles tun können, aber das wird immer noch mehr Bedeutung haben, als ein kleines und ersetzbares Rädchen in einer fragwürdigen Produktion zu sein.
Meine Arbeit hat wenig mit dem zu tun, was zu tun notwendig wäre. Die politischen Verhältnisse sind durch die Zersplitterung der Gesellschaft in miteinander konkurrierende Individuen so zementiert, dass eine Politisierung und Demokratisierung der Lebens- und Arbeitsverhältnisse – ohne dass es nur zum Nutzen einer Elite wird – unwahrscheinlich ist.

Wie man das aus dem Blog ersehen kann, ist das eine von mir immer wieder gemachte Erfahrung, auch Selbsterfahrung. Man kann sich Gedanken machen, unter welchen Bedingungen sich das verändern könnte, welche Komplexe Sozialismus entgegenstehen, unter welchen Bedingungen eine sozialistische Bewegung möglich wäre. Die Praktiker würden einwenden, the proof of the pudding ist the eating. Oder nur bei der Veränderung werden die Verhältnisse klar. Ich dagegen bin isoliert, kommuniziere mit der „Gesellschaft“ bestenfalls über diesen Blog. Andererseits meine Ich dagegen: was möglich oder nicht möglich ist, lässt sich auch heute schon erkennen.

Derzeit laufe ich unter Urlaub und werde keiner Arbeit zugeordnet. Suche mir selber also Arbeit, schleiche durch die Fabrik auf der Suche nach Arbeiten. Verstecke mich für Denkpausen. Das Gefühl überflüssig zu sein. Wie schön wäre es doch, meine Arbeit am Band zu haben. Dort kann ich mich nützlich fühlen. Hetzen. Stapeln. Rennen.

Der Mensch ist ein sehr flexibles Wesen. Der Kapitalismus ist zwar ein krisenhafter Prozess, aber wenn die Menschen in seinen Krisen keine Alternative finden, gewinnt er aus den Krisen neue Kraft und ein neues Verwertungsfeld. Die Hoffnung auf eine Krise ist umsonst, wenn die Menschen nicht bereit sind, die Krise in ihrem Sinne zu bewältigen. So wird also die Geschichte weitergehen, ohne dass elementare Bedürfnisse des Menschen historisch bedeutsam werden: Gerechtigkeit, menschliches Zusammenleben ohne Übervorteilung oder Benachteiligung, ein verantwortliches Leben, Autonomie.

Ein Krisenelement, an dem meine Argumentation oft ansetzt, ist die Moral und die moralische Rede und Geste im Widerspruch zur Realität. Recht und Gerechtigkeit hängen damit zusammen. Aber ist das nicht ein falscher und autoritätsorientierter Ansatz? Ist es nicht typisch für Autoritären mit der Moral und gegen die Lust zu argumentieren? Führt nicht diese Moralfixierung zu dem aggressiven Krampf innerhalb der Linken, zu der Konkurrenz der Radikalität und Militanz? (Oder ist es so, dass die aggressive Lust sich moralischer Argumente bedient?) Wie lustfeindlich ist diese Argumentation für Beschränkung, Ökonomie und Ökologie?

Wie würde eine lustorientierte linke Argumentation und Politik aussehen? Es geht um die Beteiligung von allen, gelebte Solidarität, Gemeinsamkeit und Gerechtigkeit, es geht um Vernunft und gegen Zerstörung, Entfaltung des Menschen, Friede und Zusammenleben statt Konkurrenz und Krieg. Eine linke Argumentation kann sich nicht mehr an biologischen Bedürfnissen orientieren, das schafft der Kapitalismus mit seiner „Biopolitik“ besser. Abgesehen davon bedeutet Sozialismus heute Begrenzung der „biologischen“ Bedürfnisse zugunsten von sozialem Zusammenleben. Ökonomie und Vernunft bedeuten aber auch Selbstbeschränkung.

Was hat das mit der empirischen Arbeiterklasse zu tun? Sie stellt ja keine großen Ansprüche, ordnet sich den Gegebenheiten unter, beschränkt sich in ihren Forderungen auf das erreichbare Materielle (träumt nebenbei vom großen Lottoglück - für das Geschäft der Privatsender und staatlichen Lotterie). Sie ist gewissermaßen „wunschlos unglücklich“. Ihr wird ja von klein an gezeigt, dass sie kein Recht auf mehr hat, dass sie nichts bringt und nicht mehr als ihr Schicksal verdient. Übrig bleibt nur eine stumme Verbitterung, eine schweigende Abgrenzung und ein Rückzug auf das konfliktlos Erreichbare. Die Bescheidenheit, der Realismus auf der einen Seite bedingt aber eine Verantwortungslosigkeit in anderen Bereichen, wie Faschismus, internationaler Rassismus und Ökologie zeigen.

Ich werde nach der Teilzeit mein letztes Lebensdrittel anfangen. Ohne das Gefühl, etwas wirklich Positives geleistet zu haben. Meine Ressentiments und Abneigungen gegenüber dem, was läuft und gelaufen ist, sind größer als irgendwelche positiven Leistungen. Das, was hätte sein sollen, die Umdrehung der 68er Bewegung in eine positive gesellschaftliche Kraft hin zu Demokratie und Sozialismus in allen wesentlichen gesellschaftlichen Institutionen, ist misslungen. Mit den „Grünen“ wurde nur eine neue Variante des bürgerlichen Liberalismus generiert. Mir übrig geblieben ist nur eine Schwäche, eine individuelle Vernarrtheit, dann ein unbegriffener historischer Prozess, der alle solche Ideen schluckt und eine nachwachsende Generation, die dem Gedanken an Autonomie entfremdet ist durch das verlockende Angebot eines bedenkenlosen Konsumkapitalismus, sich einordnet oder darunter leidet, wenn sie nicht ein Rädchen im Getriebe sein kann.

Eigentlich angebracht wäre dann das Leben eines Kynikers, der im öffentlichen Raum die unanständigen Wahrheiten demonstriert, zu der sich die Abhängigen und um ihren Ruf besorgten nicht mehr bekennen können: die globale Ungerechtigkeit einer rassistischen Weltpolitik, die Umweltzerstörung durch den Konsumblödsinn, die Arroganz der Kulturmafia, die moralische Idiotie des Arbeitsplätze Schaffens.
Die Schweine sollten bei ihrer Schweinerei wenigstens ein schlechtes Gewissen bekommen.

26.11.07

ANTISEMITISMUS ZUHAUSE

Zum Kaffeekränzchen eingeladen. Die Dame des Hauses hat sich ein Buch gekauft, „Die Israellobby“. Man sehe eben, dass die Amerikaner auch langsam wach werden. Ich meine etwas provokativ, die Amis wären immer schon antisemitisch gewesen. Ihre Freundin springt ihr zur Seite – beide waren zu Hitlers Zeiten Lazarettschwestern - :“Die Juden und das Kapital, die gehören zusammen. Die haben alles in ihren Händen.“ Usw. Wir bekommen einen tiefen Einblick in die deutsche Seele. „In Berlin da waren nach dem Krieg 2 Tausend Juden, heute sind es 20 000 und alle bekommen Renten von uns bezahlt.“ Die arme Rentnerin, ich schätze ihre Rente auf über 2000 €, leidet also wieder mal unter den Juden. Die Zahl von 170 Tausend Juden in Berlin vor Hitler war mir in dem Moment leider nicht präsent. In solchen Momenten wäre ich gerne Antideutscher. Aber Israel und seine Apologeten machen es unmöglich.
Es geht weiter mit einer verkorksten Diskussion über die Schule. Mein Plädoyer für eine Schule, die sich um alle kümmert und sich an die unterschiedlichsten Voraussetzungen anpasst, hat keine Chance. Ohne Schulpflicht nur Faulheit und Dummheit. Die Versager sind selbst schuld, ihnen ist nicht zu helfen.
Obwohl diese Unteroffiziersschicht des Kapitals selbst nur eine untergeordnete Funktion innehat, wiegt doch das kleine Überlegenheitsbewusstsein, geschafft zu haben, was anderen nicht geglückt ist, das Verlangen nach sozialer Gerechtigkeit auf.

22.11.07

ENTSCHEIDUNG ÜBER LEBEN UND TOD

Merkwürdig wie die Mittelschicht, die Ärzte und Pfarrer, den Menschen das eigenbestimmte Sterben verbieten wollen. Es soll ihr Vorrecht bleiben, darüber zu entscheiden, wann jemand sterben darf oder weiterleben soll. Traditionell war es immer schon das Vorrecht von Richtern, Offizieren und Pfarrer über das Leben der Untertanen zu entscheiden. Dieses Recht soll aufrechterhalten werden. Mit allen Mitteln wird gegen die Schweizer Dignitas gekämpft. Das Argument der Geldgier ist allerdings angesichts der Einnahmen in Hospizen und Krankenhäusern lächerlich. Dass sich die Verzweifelten auf Parkplätzen töten wird als unwürdig bezeichnet, dass man ihnen nur noch diesen Ort lässt, ist es scheinbar nicht. Und dass Tausende in Verkehrsunfällen auf diesen angeblich unwürdigen Plätzen sterben, das ist in Ordnung. Das Krankenhaus aber scheint der ideale Platz zum Sterben sein. Hier ist man ja den Göttern am nächsten, zumindest den Halbgöttern in Weiß.

13.11.07

TÖTEN OHNE TRAUMATISIERUNG

Im SWR gab es eine Sendung über einen in Afghanistan durch ein Attentat traumatisierten Soldaten, der jetzt nicht mehr „arbeitsfähig“ ist. Die Sendung war ein Plädoyer für mehr staatliche Nachsorge für solche Fälle. Merkwürdige Politik dieses Senders: einerseits wird schon kampagnenartig für den Afghanistaneinsatz mobilisiert, andererseits soll für den Kriegsfall ein vom Sozialstaat versichertes Normalleben aufrechterhalten werden. Der von einem katholischen Prälaten kontrollierte Sender, der sich sonst für Besinnung und Besinnlichkeit stark macht, verfolgt hier eine Politik, die den Staatskult und seine tödliche Gewalt nicht in Frage stellt.
Den Krieg zu einem Versicherungsfall zu machen entspricht der gleichen moralisch verkommenen Haltung, mit der Soldaten von der Regierung in den Krieg geschickt werden. Man packt sie sicher ein, umgibt sie mit Panzern, lässt sie mit Flugzeugen über den Ländern jagen und umsorgt sie mit heimischen Sicherheitsdiensten.
Was machen sie eigentlich dort? Ich höre nur immer wieder Verharmlosendes von „Sicherung des zivilen Aufbaus“. Aber die deutsche Armee ist inzwischen längst verstrickt in den Krieg, sogar mit einer
Militäroperation unter deutschem Kommando. Zum Töten und nicht zum Bäumepflanzen wird ja auch die KSK. Die Tornados machen nicht nur hübsche Luftbilder, sondern liefern den „Verbündeten“ Ziele zum Töten. Wie soll auch eine „Sicherung“ ohne militärische Drohung vor sich gehen? Es geht natürlich darum, die Taliban letzten Endes wegzuputzen.
Der in der Sendung mit viel Mitgefühl beschriebene Soldat soll zwar das Recht haben, andere zu töten, aber Angst um das eigene Leben soll nicht aufkommen dürfen. Diese Traumatisierung wäre doch eine erste menschliche Erkenntnis, die uns alle vielleicht weiterbringen könnte. Anscheinend aber ist der Taliban kein uns gleichwertiger Mensch, des Mitgefühls nicht wert, nur zum Töten gut. Die deutsche Politik macht nicht einmal den Umweg über das Böse, den Bush für seine Politik nötig hat. Es ist hier self-evident. Tödliche Feindschaften sind in Deutschland Bestandteil der allgemeinen Sozialisation, ein Problem nur, wenn sie etwa wie gegen Schleyer in die falsche Richtung gehen.
Dieser „traumatisierte“ Soldat entblödet sich nicht, vom Spaß bei seiner Arbeit zu reden, von dem guten Verhältnis zu den anderen Nationen. Gemeint sind dabei: Italiener, Spanier, Niederländer und andere Europäer. Von Afghanen oder Taliban ist keine Rede.

Was soll hier eine Traumatherapie? Verhindern von Flashbacks, die existenzielle Unsicherheit, in die jemand gestürzt wurde, wieder in ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit zurückführen. „Es ist ja alles gut.“

Aber nichts ist gut. Das sollten die Traumatisierten und vor allem die Gesellschaft, die sie vorschiebt, begreifen. Es kann nur gut gemacht werden.
Wie würde eine Friedenstruppe aussehen? Sie würden einmal die Sprache der Menschen dort lernen, sich mit ihrer Kultur beschäftigen, sich im Islam vertiefen. Sie würden die Argumente der Taliban verstehen lernen und aus ihrer Argumentation für den Westen Konsequenzen ziehen. Sie würden sich in Ortschaften abseits von Straßen und die Flüchtlingslager in Pakistan begeben, um dort ihre Anliegen vorzutragen. Es gäbe dort sicher auch nützliche Jobs für sie: in Küchen, Gärtnereien, beim Bau von Toiletten usw. Am Ende hätten alle dazugelernt und wären vielleicht bereit, sich zu verändern, Privilegien aufzugeben.
Stattdessen wird fünfmal soviel in das Militär investiert wie in eine so genannte Entwicklungshilfe, die nur dazu dient, die Entwickler zu bereichern. Sogar Tomaten werden aus Deutschland eingeflogen. Abseits von Kabul sterben täglich 900 Kinder.

3.11.07

VERMISCHTES

Bei meiner Arbeit gibt es keine erwähnenswerte Bewegung, in den Medien aber scheinbar aufregende Dinge, die mit einem Kommentar hier eine Bedeutung bekommen, die sie eigentlich nicht verdienen. Da sind Mosebach, Loriot, Mahler, Nina Hagen, Merkel in Indien und eine kleine Diskussion.

BÜCHNERS ERBEN
Mosebach wurde der Büchnerpreis verliehen. Man fragt sich, wie ist das möglich, dass ein Literat, der um skurrile Fantasien kreist und diese im bildungsbürgerlichen Jargon bedeutungsvoll aufbläst, einen Preis bekommt, der den Namen von Büchner trägt? Was man sieht, ist, wie das Bürgertum alles vereinnahmt; Hauptsache es bleiben selbstromantisierende Geschichtchen.
Mosebach wünscht sich im Rahmen der modischen Nostalgie die lateinische Messe zurück. Als Johannes XXIII. das „Aggiornamento“ forderte, also dass es Tag werde in der Kirche und sie sich „aufkläre“, konnte man hoffen, dass die Kirche ihre Fantasien und Riten mit der Realität konfrontiert und mit den Menschen solidarisch wird. Aber Bewahrer von Plüsch, Pomp und
Sopha haben schnell wieder Macht und Sagen übernommen.
Wie hat Büchner gesagt? Friede den Hütten! Krieg den Palästen!
Die Preisverleihung und die Diskussion drumherum zeigt aber den elitären und antidemokratischen Trend im herrschenden Bildungsbürgertum. Oder soll man es auf dessen Hang zum Theatralischen und Übertrumpfenden zurückführen?

FERNSEHEN
Das Fernsehen ist eine Art Bewunderungsmaschine. Wir gucken zu, wie toll andere sind und vergessen unsere eigene Mickrigkeit und Ohnmacht.
Vor kurzem ein „Gespräch“ mit Loriot. Richtig spannend wird es, als das Gespräch auf seine Militärzeit in Russland kommt – natürlich als Offizier. Da war der arme Mann also alleine und denkt über seine Lage nach und er memoriert die Shakespeareschen Monologe über Schicksal und Tragik. Gerne hätte ich gewusst, was er über die ermordeten Russen gedacht hat, etwa wie es
Horst-Eberhard Richter reflektiert hat. Aber wahrscheinlich hat unser Staatskomiker überhaupt nicht an sie gedacht. Er war nur froh, als die Amerikaner dann auf sie geschossen haben.
Also dieser Unterhaltungskünstler spielt in Russland sein privates Theater, er denkt nicht nach über die Folgen seiner Tätigkeit, Desertieren, Widerstand usw. Nein, er betet gläubig zur selben Vorsehung, die auch von seinem Führer angerufen wurde und die für viele andere nur den Tod „vorgesehen“ hatte.

MERKEL IN INDIEN
Merkel vertritt in Indien die Sache des Klimaschutzes. Eine
Ost-Zeitung, in westdeutscher Hand (WAZ, Ottoversand), schreibt, es wäre schon richtig den Indern Klimapolitik zu lehren. Zwar wäre der durchschnittliche CO2-Ausstoß gering, aber in der Summe „erstickend“. Man vergleiche: Indien mit ø 1,2 to/Person/Jahr, Deutschland mit ungefähr der 10 fachen Menge.
Als Entwicklungshilfe versucht „Alice“ Merkel den Indern noch 120 Eurofighter zu verkaufen. Schmutziger geht es nicht mehr. Es nennt sich Friedens-, Entwicklungs- und Klimapolitik.

REALITÄT
Ein Jugendlicher wirft gegen mich ein: Wofür bist Du eigentlich? Bist Du für die Linkspartei oder nicht? Ich: Ich wähle die Linke, weil es nichts Besseres gibt, aber Parteien interessieren mich eigentlich nicht. Ich setze auf Demokratisierung von Institutionen in Betrieb, Schule usw.
Damit kann er nicht viel anfangen. Denkt wohl, wozu sich um den ganzen Kram kümmern, wenn es dafür Fachleute gibt. Als Einzelner kann ich doch ohnehin nichts ausrichten.
Demokratie oder Technokratie?
Es fällt ihm auch schwer, an die Kraft von Argumente und Vernunft zu glauben. Diskussionen, schon gar nicht politische, werden in der Schule nicht mehr geübt. Es zählt, was Fakt ist. Und Fakt ist, was in Medien, im Freundeskreis zur Tatsache wird.
Eigene Tätigkeit zählt nicht. Das können andere besser.
Leben gibt es in der virtuellen Welt. In Spielen und Internet kann man sich als Normal- oder Besserverdiener fühlen. Lehrer erklären der Klasse, die meisten würden später über der Beitragsbemessungsgrenze liegen und deswegen privat versichert sein (63 000 € jährlich).
Welches Konzept habe ich? Ich setze, kann man mir vorwerfen, auf politische Apathie, das Unbehagen und Misstrauen gegen das politische Lügentheater. Irgendwie entwickelt sich dabei – so eine Hoffnung - einmal eine neue politische Praxis der „Basis“. (Dabei ist die „Basis“ selber Teil des herrschenden repressiven Überbaus).
Was könnte ich ihm als alternative Praxis empfehlen? Das „Kapital“ lesen, Hegel, einen Garten halten, alternative Technik studieren, versuchen, Gleichdenkende suchen und nicht die Konkurrenz um technische Größenfantasien, das survival of the fittest, mitzumachen.

TRAUM
Ich absolviere eine Prüfung. Mir wird bescheinigt, dass ich nicht die Kompetenz habe, andere zu beurteilen. - Ich fühle mich vollkommen gedemütigt und beschämt.

NINA HAGEN
Sie denkt das Abseitige und Widersprechende nicht nur, sie schlüpft in es hinein. Nicht ohne ihre ironisch kritische Haltung dazu spüren zu lassen. Weil sie aber braver Medienmensch ist, unterhaltsames Theater anbietet, kann man ihre Spielereien zwar witzig finden, aber nicht richtig ernst nehmen. Interessant nur, wie viele Jugendliche über sie empört sind, wie also plumpe Bürgerlichkeit sich wieder durchsetzt.
„Gruppentherapie“ ist ein Schimpfwort, entnehme ich dieser Diskussion. Es zeigt, wie diese in ihrer Erziehung schockgefrosteten Typen panische Angst haben vor dem Anderen hinter der ordentlichen bürgerlichen Welt ihrer ritualhaft reproduzierten „Fakten“.

HORST MAHLER
Es muss ein suizidaler Hang der Vaterlosen sein, der ihn antreibt. Wie könnte er sich sonst von Friedmann so zum Affen machen lassen. Er bringt einen von Marx nicht angekratzten Hegel mit seiner Verehrung eines idealisiertes deutsches Reichs, das aber im Gegensatz zu seiner Rede, sich nur ethnozentrisch negativ verhält zum „Jüdischen“. Statt konkret zu kritisieren, hält er eine Abstraktion gegen die andere. Und Friedmann, nicht dumm, unterstellt ihm Neid auf die jüdische Rasse. Eine Rasse, die ja um im
Nazijargon zu bleiben, die arische besiegt hat und damit ihre historische Überlegenheit bewiesen hat.