SIMBABWE, EIN BLICK AUF UNSERE ZUKUNFT?
Einige nicht sehr relevante Überlegungen, die eben nur mich derzeit beschäftigen.
Hat das, was sich in Simbabwe abspielt, eine mehr als regionale Bedeutung? Szenen und Bilder aus Science Fictions tauchen auf: etwa die von Mad Max III, oder in Matmâta (Tattooine) in Star Wars. Doris Lessing in ihren Sufiromanen oder im 5.ten Kind verwendet diese Bilder.
Brutalitäten aller Art.
Wird die Welt nach dem Ölrausch so aussehen?
Dadurch, dass die riesige Warenansammlung beschränkt wird, werden sich soziale Konflikte verschärfen und spezifische Formen je nach Tradition annehmen, je nach Kompensationsmöglichkeiten, tödlich oder nur kriminell.
Was ist spezifisch an Simbabwe?
Die Krise in Simbabwe, seit ca. 95, geht wohl einher mit dem Rückgang der Entwicklungshilfegelder nach dem Ende der Apartheid in Südafrika. Die Ökonomie war an einen Stillstand gekommen, zwei Hoffnungen auf eine wesentliche Verbesserung der Lage haben sich als Täuschung erwiesen: Resettlement und Bildung.
Resettlement scheiterte daran, dass comercial farming ersetzt wurde durch subsistence farming auf Schrebergartenniveau. Die Bauern auf den Resettlementfarmen denken nicht marktbezogen; produzieren für ihr Überleben, den Brautpreis etc., vielleicht noch etwas Überschuss für Schulgebühren, Kochöl etc. Oder in Marxens Kategorien: Gebrauchswerte, nicht Tauschwerte.
Die Bildung orientierte sich an der Oberfläche der weißen Kultur, so wie es die Missionsschulen boten. Die lieferten Qualifikationen für Universitätsabschlüsse, vorwiegend Rechtsanwalt, Kaufmann, Lehrer, vielleicht noch Arzt – kaum Techniker, Handwerker, Farmer. Es fehlt die Vermittlung zwischen High-Tech-Industrie und Subsistencefarming.
Politisch und ökonomisch herrschend ist in dieser „mixed economy“ aber der Weltmarkt. Der bestimmende Bereich der Ökonomie ist Teil des Weltmarkts. Durch ihn werden auf dem Land viele Dinge des täglichen Lebens über dem Subsistenzniveau möglich: Busse, Schulen, Kleidung, Wholesalers, die ihre Produkte anbieten.
Die Gewalt von Seiten der Zanu ist möglich durch die hohe Rate der Arbeitslosen, der an der Bildung gescheiterten. Ihr Ziel ist die ethnische Reinheit, ihr Gegner der zivile Dissident, ihr Traum ein schwarzes Imperium. Gestört wird das durch die Gesetze der weißen Ökonomie, obgleich ihre Waren problemlos integriert werden können. Die Sache ist aussichtslos. Sie werden am Rande der Welt leben. Nicht ohne Vitalität, da sie – im Gegensatz zum modernen Arbeitslosen, Überflüssigen oder Prekären – in einer Gemeinschaft leben.
Inwieweit werden wir in diese Prozesse hineingezogen werden?
- Durch die modernen Medien leben wir in einer Welt. Die Standards unserer Welt beeinflussen auch die „Dritte“ Welt. Nicht nur Grace Mugabe geht in Rom oder Singapur shoppen, sondern tendenziell auch jeder Simbabwer. Es ist kein Problem, die Benzinrechnung eines Angehörigen vom Ausland aus zu bezahlen. Gleichzeitig werden so, ohne es zu wollen, Devisen für die Shoppingtouren der Mugabes beschafft. Der Weltmarkt schafft so allseitige Verantwortlichkeiten.
- Rohstoffe. Gerade plant die AngloAmerican ein Minenprojekt für 400 Mio. Dollar. Platin für die Katalysatoren der Autos, damit unsere Luft schön sauber bleibt.
- Flüchtlinge, die Rede ist von 3 Mio. - vor allem in Südafrika. Die Fußballfans werden sich in Wegschauen üben müssen.
- Die Abwehr der „Barbaren“ barbarisiert das eigene Land. Die moralische Verantwortlichkeit muss verleugnet werden, die Realität ausgeblendet. Definitionen von Gut und Böse, hochwertig und minderwertig sollen die Menschen der Dritten Welt ausgrenzen. Die Caritas wird zum scheinbaren Heilmittel, während man sich gleichzeitig der Rohstoffe bedient, die internationale Gesellschaften herausholen und damit die herrschenden Regimes unterstützen.
DIE ÖLKRISE UND MEINE ILLUSION
Analysiere ich die Ölkrise, sehe die Ereignisse in Zimbabwe und die Zusammenhänge, wird mir bewusst, dass ich einer Illusion aufgesessen bin; der, dass die Ölkrise zu einer gesellschaftlichen Krise führt, die nur durch Entglobalisierung, Dezentralisierung, Produktion auf Grasswurzelniveau gelöst werden kann. Also: Fahrrad, Energiesparen, regionale Produktion und regionale Warendistribution usw.
Das ist ähnlich der alten linken Illusion von der Erneuerung durch die Krise. In Wirklichkeit ist die Gesellschaft genauso so sehr auseinandergefallen in Klassen und Schichten, Hierarchien, genauso wie sie dadurch zusammenhängt und wie die Schichten voneinander abhängig sind; die Sozialarbeiter und die Armen, die Großkonzerne und die Arbeiter, die Intellektuellen und die Angestellten usw.. Es gibt keine Lösung ohne die gesamte Gesellschaft. Das aber wird dazu führen, dass die Krise nur die Klassengesellschaft auf niedrigerem Niveau reproduzieren wird. So wie sich in Zimbabwe die Gesellschaft in der Krise sich auf zwei verschiedenen Niveau reproduziert und neu formiert: die ärmliche Subsistenzwirtschaft auf der einen, die globalisierte Ökonomie der Städter, Flüchtlinge, Händler andererseits und dazwischen die politischen Eliten, die versuchen, möglichst viel ausländische Währung abzusahnen.
Die „Klimakatastrophe“ gibt zwar die Chance einer globalen humanen Politik, aber durchsetzen werden sich Konzepte von Klassen und Nationen, Kontinenten – ein Rennen um Vorteile und Überleben und Aussterben.
Genauso werden in Deutschland die Arbeiter fixiert auf das Kapital die notwendigen Einschränkungen in Kauf nehmen, gegebenenfalls Rad fahren und die Heizung herunterdrehen, aber nicht das Lohnarbeitsverhältnis selber in Frage stellen. Die Übergänge dazu erscheinen manchmal abrupt, wie jetzt beim Steigen des Ölpreis, aber normalerweise verlaufen sie schleichend, wie bei Entwertung der Arbeitskraft durch Inflation, Rentenverlust, Zeitarbeit, Teilzeitbeschäftigung.
Anders gesagt: Eines meiner Zukunftsbilder besteht oder bestand darin, dass die Menschen wie in der Nachkriegszeit oder in Afrika wieder anfangen müssen, sich auf einfachem Niveau zu reproduzieren – Garten, Landwirtschaft, vielleicht Kooperation, gegenseitige Hilfe (wie es bei Kropotkin so schön heißt). Bei Doris Lessing, geprägt durch die misslungenen Farmingversuche ihres Vaters, finden sich diese Bilder.
Daraus wird wohl nichts. Das System ist ein hoch arbeitsteiliger Betrieb. Jeder hat seine Teilfunktion und gleichzeitig immer weniger Anteil am kollektiven Gesamtarbeiter (von dem Krahl geträumt hat), ist auf sich fixiert und immer weniger in der Lage, die gesellschaftlichen Zusammenhänge in sich zu bündeln. Die Zukunft ist Sozialdemokratie, also eine Art „wohl“ geordneter Kapitalismus mit wechselnden Ideologien, mal der liberalen Selbstverantwortung, mal der Sozialfürsorge. Nicht Autonomie und Demokratie.
Was bleibt für linke Intellektuelle übrig, außer „Gute Nacht, Welt!“ zu sagen? Staunend zu begreifen versuchen, was und wie das vor sich geht? In die Theorie zurückfallen und die Ohnmacht der Kritik? Nach den Rissen zu forschen, den Pflänzchen der Autonomie im Beton? Irre werden wie Reich oder Korsch?
Einige nicht sehr relevante Überlegungen, die eben nur mich derzeit beschäftigen.
Hat das, was sich in Simbabwe abspielt, eine mehr als regionale Bedeutung? Szenen und Bilder aus Science Fictions tauchen auf: etwa die von Mad Max III, oder in Matmâta (Tattooine) in Star Wars. Doris Lessing in ihren Sufiromanen oder im 5.ten Kind verwendet diese Bilder.
Brutalitäten aller Art.
Wird die Welt nach dem Ölrausch so aussehen?
Dadurch, dass die riesige Warenansammlung beschränkt wird, werden sich soziale Konflikte verschärfen und spezifische Formen je nach Tradition annehmen, je nach Kompensationsmöglichkeiten, tödlich oder nur kriminell.
Was ist spezifisch an Simbabwe?
Die Krise in Simbabwe, seit ca. 95, geht wohl einher mit dem Rückgang der Entwicklungshilfegelder nach dem Ende der Apartheid in Südafrika. Die Ökonomie war an einen Stillstand gekommen, zwei Hoffnungen auf eine wesentliche Verbesserung der Lage haben sich als Täuschung erwiesen: Resettlement und Bildung.
Resettlement scheiterte daran, dass comercial farming ersetzt wurde durch subsistence farming auf Schrebergartenniveau. Die Bauern auf den Resettlementfarmen denken nicht marktbezogen; produzieren für ihr Überleben, den Brautpreis etc., vielleicht noch etwas Überschuss für Schulgebühren, Kochöl etc. Oder in Marxens Kategorien: Gebrauchswerte, nicht Tauschwerte.
Die Bildung orientierte sich an der Oberfläche der weißen Kultur, so wie es die Missionsschulen boten. Die lieferten Qualifikationen für Universitätsabschlüsse, vorwiegend Rechtsanwalt, Kaufmann, Lehrer, vielleicht noch Arzt – kaum Techniker, Handwerker, Farmer. Es fehlt die Vermittlung zwischen High-Tech-Industrie und Subsistencefarming.
Politisch und ökonomisch herrschend ist in dieser „mixed economy“ aber der Weltmarkt. Der bestimmende Bereich der Ökonomie ist Teil des Weltmarkts. Durch ihn werden auf dem Land viele Dinge des täglichen Lebens über dem Subsistenzniveau möglich: Busse, Schulen, Kleidung, Wholesalers, die ihre Produkte anbieten.
Die Gewalt von Seiten der Zanu ist möglich durch die hohe Rate der Arbeitslosen, der an der Bildung gescheiterten. Ihr Ziel ist die ethnische Reinheit, ihr Gegner der zivile Dissident, ihr Traum ein schwarzes Imperium. Gestört wird das durch die Gesetze der weißen Ökonomie, obgleich ihre Waren problemlos integriert werden können. Die Sache ist aussichtslos. Sie werden am Rande der Welt leben. Nicht ohne Vitalität, da sie – im Gegensatz zum modernen Arbeitslosen, Überflüssigen oder Prekären – in einer Gemeinschaft leben.
Inwieweit werden wir in diese Prozesse hineingezogen werden?
- Durch die modernen Medien leben wir in einer Welt. Die Standards unserer Welt beeinflussen auch die „Dritte“ Welt. Nicht nur Grace Mugabe geht in Rom oder Singapur shoppen, sondern tendenziell auch jeder Simbabwer. Es ist kein Problem, die Benzinrechnung eines Angehörigen vom Ausland aus zu bezahlen. Gleichzeitig werden so, ohne es zu wollen, Devisen für die Shoppingtouren der Mugabes beschafft. Der Weltmarkt schafft so allseitige Verantwortlichkeiten.
- Rohstoffe. Gerade plant die AngloAmerican ein Minenprojekt für 400 Mio. Dollar. Platin für die Katalysatoren der Autos, damit unsere Luft schön sauber bleibt.
- Flüchtlinge, die Rede ist von 3 Mio. - vor allem in Südafrika. Die Fußballfans werden sich in Wegschauen üben müssen.
- Die Abwehr der „Barbaren“ barbarisiert das eigene Land. Die moralische Verantwortlichkeit muss verleugnet werden, die Realität ausgeblendet. Definitionen von Gut und Böse, hochwertig und minderwertig sollen die Menschen der Dritten Welt ausgrenzen. Die Caritas wird zum scheinbaren Heilmittel, während man sich gleichzeitig der Rohstoffe bedient, die internationale Gesellschaften herausholen und damit die herrschenden Regimes unterstützen.
DIE ÖLKRISE UND MEINE ILLUSION
Analysiere ich die Ölkrise, sehe die Ereignisse in Zimbabwe und die Zusammenhänge, wird mir bewusst, dass ich einer Illusion aufgesessen bin; der, dass die Ölkrise zu einer gesellschaftlichen Krise führt, die nur durch Entglobalisierung, Dezentralisierung, Produktion auf Grasswurzelniveau gelöst werden kann. Also: Fahrrad, Energiesparen, regionale Produktion und regionale Warendistribution usw.
Das ist ähnlich der alten linken Illusion von der Erneuerung durch die Krise. In Wirklichkeit ist die Gesellschaft genauso so sehr auseinandergefallen in Klassen und Schichten, Hierarchien, genauso wie sie dadurch zusammenhängt und wie die Schichten voneinander abhängig sind; die Sozialarbeiter und die Armen, die Großkonzerne und die Arbeiter, die Intellektuellen und die Angestellten usw.. Es gibt keine Lösung ohne die gesamte Gesellschaft. Das aber wird dazu führen, dass die Krise nur die Klassengesellschaft auf niedrigerem Niveau reproduzieren wird. So wie sich in Zimbabwe die Gesellschaft in der Krise sich auf zwei verschiedenen Niveau reproduziert und neu formiert: die ärmliche Subsistenzwirtschaft auf der einen, die globalisierte Ökonomie der Städter, Flüchtlinge, Händler andererseits und dazwischen die politischen Eliten, die versuchen, möglichst viel ausländische Währung abzusahnen.
Die „Klimakatastrophe“ gibt zwar die Chance einer globalen humanen Politik, aber durchsetzen werden sich Konzepte von Klassen und Nationen, Kontinenten – ein Rennen um Vorteile und Überleben und Aussterben.
Genauso werden in Deutschland die Arbeiter fixiert auf das Kapital die notwendigen Einschränkungen in Kauf nehmen, gegebenenfalls Rad fahren und die Heizung herunterdrehen, aber nicht das Lohnarbeitsverhältnis selber in Frage stellen. Die Übergänge dazu erscheinen manchmal abrupt, wie jetzt beim Steigen des Ölpreis, aber normalerweise verlaufen sie schleichend, wie bei Entwertung der Arbeitskraft durch Inflation, Rentenverlust, Zeitarbeit, Teilzeitbeschäftigung.
Anders gesagt: Eines meiner Zukunftsbilder besteht oder bestand darin, dass die Menschen wie in der Nachkriegszeit oder in Afrika wieder anfangen müssen, sich auf einfachem Niveau zu reproduzieren – Garten, Landwirtschaft, vielleicht Kooperation, gegenseitige Hilfe (wie es bei Kropotkin so schön heißt). Bei Doris Lessing, geprägt durch die misslungenen Farmingversuche ihres Vaters, finden sich diese Bilder.
Daraus wird wohl nichts. Das System ist ein hoch arbeitsteiliger Betrieb. Jeder hat seine Teilfunktion und gleichzeitig immer weniger Anteil am kollektiven Gesamtarbeiter (von dem Krahl geträumt hat), ist auf sich fixiert und immer weniger in der Lage, die gesellschaftlichen Zusammenhänge in sich zu bündeln. Die Zukunft ist Sozialdemokratie, also eine Art „wohl“ geordneter Kapitalismus mit wechselnden Ideologien, mal der liberalen Selbstverantwortung, mal der Sozialfürsorge. Nicht Autonomie und Demokratie.
Was bleibt für linke Intellektuelle übrig, außer „Gute Nacht, Welt!“ zu sagen? Staunend zu begreifen versuchen, was und wie das vor sich geht? In die Theorie zurückfallen und die Ohnmacht der Kritik? Nach den Rissen zu forschen, den Pflänzchen der Autonomie im Beton? Irre werden wie Reich oder Korsch?
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